News

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Der Wille und die neue Spiritualität

Unter diesem Titel fand vor wenigen Wochen das Wochenendseminar im Jugendsektionshaus und rund um das Goetheanum statt. Die Jugendsektion am Goetheanum wird endlich wieder mehr zu einem Seminarzentrum.

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Die Stiftung Edith Maryon

Am 2. Mai 2024 gedenken wir unserer Namensgeberin, der Bildhauerin Edith Maryon, anlässlich ihres 100. Todestages.

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Sterben aus anthroposophischer Sicht

Das Forum der Sterbekultur beschäftigt sich seit 14 Jahren mit den Themen Tod und Sterben aus anthroposophischer Perspektive

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«Welten-Zeitenwende-Anfang»

Inhalt der Februar-Ausgabe ist der Blick auf die Weihnachtstagung am Goetheanum vom 26. bis 31. Dezember 2023, zu der die Goetheanumleitung und die Anthroposophische Gesellschaft in der Schweiz eingeladen hatten.

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Wie mich die Weihnachtstagung begeisterte

Die Anthroposophie selbst war jedoch schon immer Teil meines Lebens. Als Kind mit einem Waldorfhintergrund, Schüler einer Waldorfschule sowie Student der Uni Witten/Herdecke und auch in meiner ärztlichen Laufbahn war ich durch das erweiterte Menschenbild schon immer inspiriert und halte insgesamt viel von der Integrativmedizin.

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Schweizer Mitteilung

Schweizer Mitteilungen

Die Januar-Ausgabe von “Anthroposophie – Schweiz” startet mit Auftakt ins neue Jahr von Marcus Schneider

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Wozu brauchen wir eine Anthroposophische Gesellschaft?

Man wird nicht Mitglied einer gewöhnlichen Gesellschaft: Man fügt sich mit seiner eigenen menschlichen und kosmischen Wirklichkeit in dieses neue soziale Gebäude ein, nimmt daran teil und formt es immer wieder neu.

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Die Umwandlung des Bewusstseins.

Ein Beitrag aus der Zeitschrift "DieDrei".

anthroposophie.ch
Copyright Charlotte Fischer

Vergegenwärtigen wir uns zunächst die Ausgangslage:[1]

  1. Der hellste Punkt unseres Bewusstseins ist das Denken; wir orientieren uns im Leben mit Hilfe des Denkens.
  2. Das Denken scheint aber unseren größten inneren Problemen nicht gewachsen zu sein. Unsere Gefühle, an erster Stelle eine allgemeine, unbestimmte Furcht, lassen sich nicht wegdenken oder wegdiskutieren. Die Gedanken lassen uns gleichgültig, die Gefühle reißen uns mit. Trotzdem können uns unsere Gefühle selten Orientierung geben, weil sie nicht hell, nicht verständlich sind. Sie sind nicht erkennend, sie offenbaren bloß sich selbst. Verstehen können wir – zunächst – nur mit dem Denken.
  3. Wir können auf unser Bewusstsein reflektieren, wir wissen, dass wir denken; wir wissen aber nicht, wie wir denken. Wenn ich versuche, mein Denken zu beobachten, komme ich immer zu spät. Das, was ich gerade denke, wird mir erst dann bewusst, wenn ich es zumindest innerlich in Worte gegossen habe. Der Sinn des Satzes muss in mir kurz zuvor noch wortlos, in einer »flüssigen« Form vorhanden gewesen sein. Diesen formlosen Sinn kann ich aber nicht unmittelbar erleben. Ich sehe immer nur den Leichnam, die Vergangenheit des Denkens; im aktuellen, lebendigen Denkprozess bin ich unbewusst, wie im Schlaf. Mein Bewusstsein lebt also zumindest auf zwei Ebenen: oben, auf der Ebene der Gegenwart, und unten, auf der Ebene der Vergangenheit. Bewusst wird mir zunächst nur die untere Ebene.
  4. Unser Bewusstsein ist ein Selbstbewusstsein; ich weiß, dass ich ein »Ich« bin. Wenn ich mich aber frage: »Wer bist du wirklich?«, so geht es mir wie Peer Gynt, der den Kern einer Zwiebel finden will und am Ende mit nichts in der Hand dasteht. Ich kann zwar meine Eigenschaften und Erfahrungen aufzählen, aber worauf ich auch hinzeige: Das bin ich nicht. Derjenige, der hinzeigt – der bin ich! Von diesem Ich habe ich zunächst keine unmittelbare Erfahrung. Wie der Sinn eines Satzes hinter den Worten verborgen bleibt, so bleibt mein wahres Ich vor mir verborgen.
  5. Wir haben ein dumpfes Selbstgefühl um den Körper herum, das uns den ganzen Tag begleitet. Wir identifizieren uns mit diesem Selbstgefühl, und dieses will immer bestätigt werden. Das macht uns egoistisch: Unser Alltag wird danach ausgerichtet, dass das Selbstgefühl möglichst intensiv gefühlt wird – wenn möglich in angenehmer Weise, wie durch Erfolgserlebnisse, Lob oder gar Selbstlob, und wenn es nicht anders geht, auch in negativer Form, wie durch Neid, Eifersucht, Hass usw. Alles ist wünschenswerter als die Angst vor der »tödlichen Langeweile« – wie Michael Ende in seinem Buch ›Momo‹ beschreibt.
  6. Im Kleinkind sind Wollen, Fühlen, Denken und Wahrnehmen noch nicht getrennt. Es hat eine einheitliche Erkenntnisfähigkeit, es ist »gestimmt auf Bedeutung«[2], auf Sinn. Es lebt auch in einer bewusstseinsmäßigen Einheit mit seiner sprechenden Umgebung. Sonst könnte es nicht eine beliebige Muttersprache (manchmal gleich mehrere) erlernen.
  7. Jede Sprache hat zwei Seiten: eine äußere, die in Erscheinung tritt (ein in Worte gefasster Satz), und eine innere, das Verstehen (der verborgene Sinn des Satzes). Während des Erlernens der Muttersprache passt sich unser Bewusstsein dieser Struktur an. Der Struktur der Sprache folgend, bildet sich ein Innen- und ein Außenleben der Seele. Die ursprünglich einheitliche Erkenntnisfähigkeit teilt sich in Denken und Wahrnehmen auf. Und ein anderer Teil des Innenlebens verliert fast jede Erkenntniskraft, wird selbstfühlend.
  8. Mit der Trennung von Denken und Wahrnehmen trennen sich auch Wahrheit und Wirklichkeit. Jede Wahrnehmung wird von einem Gefühl der Wirklichkeit und jedes Verstehen mit einem Gefühl der Wahrheit, der Evidenz begleitet.[3] Deshalb halten wir die Wahrnehmungswelt für die Wirklichkeit – und nur sie. Das »Was«, die »Deutung« der Wahrnehmungswelt, kommt aber aus dem Denken. Ich sehe nur das, was ich mithilfe eines Begriffs aus dem unendlichen Kontinuum der Wahrnehmungswelt herausgliedern kann. »Ein Wort bezeichnet kein Ding, sondern mein Verstehen von etwas«, pflegte Georg Kühlewind zu sagen. Das kleine Kind erblickt also den ersten Tisch in dem Augenblick, wo es den Begriff des Tisches erfasst.[4]
  9. Die schöpferischen Ideen der menschengemachten Gegenstände kennen wir (ich weiß, wozu eine Kaffeetasse oder eine Büroklammer da ist). Die schöpferischen Ideen hinter der Natur sind uns aber nicht zugänglich. Die Natur beschreiben wir deshalb nur durch äußerliche Begrifflichkeiten. Die Wahrnehmungswelt grenzt an unsere Verständniswelt. Sie fängt dort an, wo unser Verstehen aufhört. Deshalb erleben wir sie als außen und real.
  10. Durch die Ausbildung des Selbstgefühls befestigt sich die dualistische Struktur. Wir haften immer mehr an ihr, und es entstehen weitere »Spaltungen« in uns.
  11. Nach dem Erlernen der Muttersprache trennen sich auch Denken und Sprechen – obgleich nicht vollständig. Das Kleinkind versteht die Sprache anfangs noch unmittelbar. Es kommt nicht von den einzelnen Worten zum Sinn, sondern umgekehrt: Es versteht zuerst den Sinn eines Satzes und erst nachher die einzelnen Worte. Durch die Routine im Sprechen entsteht aber die Möglichkeit, die Worte auch ohne oder mit verminderter Bedeutung (als »Worthülse«) zu benutzen. Das ist die Grundlage der Fähigkeit zum Lügen, d.h. etwas anderes zu sagen, als man denkt.
  12. Die Trennung von Denken und Sprechen ist aber auch die Grundlage der zeitgemäßen Meditation. Das ist die Fähigkeit, die denkende Aufmerksamkeit dermaßen zu erstarken, dass sie auch ohne gegebene Formen, ohne Worte, in sich besteht. In der zeitgemäßen Meditation kann der Erwachsene so werden »wie die Kinder«[5], kann den flüssigen und lebendigen Sinn unmittelbar, allerdings nun bewusst – wie die »Kinder Gottes« – erleben.
  13. Das sind die Hauptmerkmale unseres heutigen Bewusstseins. Rudolf Steiner nennt diese Art des Bewusstseins, die sich im Laufe der »fünften nachatlantischen Epoche« ausbildet, die Bewusstseinsseele.[6] Das Bewusstsein des Menschen war nicht immer so, und das des kleinen Kindes ist auch heute noch ganz anders.

DIE ENTWICKLUNG VON UNTEN UND VON OBEN BETRACHTET

Die Entwicklung der Menschheit und der Welt wird von der Naturwissenschaft vom Standpunkt dieser gegebenen, dualistischen Bewusstseinsstruktur aus erzählt – meist ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie erklärt die Welt von »unten«: Im Anfang war die Materie (woher sie kommt, wissen wir nicht). Sie hat sich dann so strukturiert, dass sie zunächst lebendig wurde, dann beseelt, schließlich selbstbewusst. Warum, wissen wir auch nicht. Damit widerspricht die Naturwissenschaft sich selbst, da die Thermodynamik lehrt, dass die physische Welt stets nach der wahrscheinlichsten Struktur strebt, und das ist die Strukturlosigkeit. Wenn ein Lebewesen stirbt, zerfällt deshalb der Körper zu Staub, weil dies ein viel stabilerer Zustand und viel wahrscheinlicher ist als eine Mücke oder ein Elefant. Schon das Leben ist extrem unwahrscheinlich; der menschliche Geist, der darüber und sogar über sich selbst nachdenkt, ist noch viel unwahrscheinlicher. Dieser Widerspruch – und noch manch anderer – wird meist gar nicht bemerkt oder, wenn doch, dann wird er weggeschoben. Warum? Aus Bosheit? Wohl kaum. Aus Dummheit? Sicherlich auch nicht. Paradoxerweise eher aus der Sehnsucht nach Ehrlichkeit.

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