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Anthroposophie

Anthroposophie – wörtlich aus dem Griechischen: "Weisheit vom Menschen" – ist in den Worten ihres Begründers Rudolf Steiner (1861-1925) „Bewusstsein des eigenen Menschentums“ und ein spirituell orientierter Erkenntnisweg. Sie versteht sich als Anregung zur Entwicklung des Individuums und zur Neugestaltung von Lebens- und Kulturverhältnissen. Sie versteht sich nicht als System oder Lehre.

Erkenntnisweg, Meditation & Übungen

Ein Weg der Liebe

In ihrem Kern ist Anthroposophie ein Weg, der stufenweise das Wesen des Menschen enthüllt und den einzelnen Menschen durch die Selbsterkenntnis zu einem Erkennen des Geistigen in der Welt führen kann. Sie ist ein Weg der Liebe. Der Beginn dieses Weges führt durch Demut und Ehrfurcht; zusammen mit einem Studium geisteswissenschaftlicher Zusammenhänge bilden diese einen ersten Schritt dieses Weges. Der Erwerb von Aufmerksamkeit und seelischem Gleichmut, eine vertiefende Beachtung und Beobachtung der sinnlichen Welt können nächste Schritte sein. Sie führen zu einem neuen Erfahrungsbereich seelisch-geistiger Beobachtung (Imagination), der in weiterer Vertiefung zuerst eine verstehende Einheit mit geistigen Kräften und Vorgängen (Inspiration) und schliesslich zum Leben in einem höheren Ich mit geistigen Wesen des Kosmos führen kann. Anthroposophie ist ein Weg und ihre Erkenntnisse sind Orientierungen für Reisende.

In den Texten der nebenstehenden Unterthemen finden sich eine Reihe grundlegender Übungen zur Entwicklung einer Geistes-Gegenwart, die die gegenwärtigen Bewusstseins- und Zivilisationsbedingungen respektieren und zugleich zu Kräften führen, die diese nachhaltig verändern können.

Wenn wir hinausblicken in die Weiten des Universums, sie werden uns räumlich und zeitlich zu einer großen Welträtselfrage. Wo ist die Antwort? Wer ... [in der Anthroposophie] die Antwort sucht, der findet sie nicht in einem Satz, auch nicht in einer Theorie, sondern er findet sie, indem ... [hingewiesen wird] auf die Tatsache, dass aus Raumesweiten und Zeitenläufen rätselhaft etwas zusammengedrängt ist in dem Menschen selbst. Das Universum gibt uns die Rätselfrage, im Menschen liegt die Antwort. […] Wir werden nichts anderes tun können, als dem Menschen die Aufforderung zu geben: Mensch, erkenne dich selber, denn in dem Grade, als du immer tiefer und tiefer in dich hineinschaust, wirst du auch immer tiefer und tiefer die Antwort finden auf die Rätsel, die dir die Raumesweiten und Zeitenfernen geben. Indem nicht auf einen Satz, nicht auf eine Theorie oder auf eine Wissenschaft hingewiesen wird, sondern auf das Leben selbst und gesagt wird: Die Antwort liegt darin, dass du in dich schaust, - ist die Möglichkeit der Antwort eröffnet, und zwar in dem Maße, wie wir unsere erwachenden Gedanken und Gefühle in die Zukunft hineinsenden werden. […] Alles wird an der richtigen Ergreifung der Welträtselfrage liegen, dass man nicht nur die Antworten, sondern schon die Fragen in der richtigen Weise findet. Dann aber muss die Antwort nicht erdacht, sondern erlebt sein. Und das Leben selbst ist ein Unendliches. 

Rudolf Steiner, Das Ewige in der Menschenseele – Unsterblichkeit und Freiheit, GA 67, Dornach, 1992, S. 288-9.