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Perspektiven anthroposophischer Forschung

Rudolf Steiner (1861-1925) tritt im letzten Jahrhundert mit Werken an die Öffentlichkeit, die sich an seine Goethestudien als Herausgeber der naturwissenschaftlichen Schriften am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar anschließen. Es sind dies im wesentlichen die drei Werke Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, mit besonderer Rücksicht auf Schiller, 'Wahrheit und Wissenschaft' und 'Die Philosophie der Freiheit'. In diesen Werken stehen erkenntnismethodische Fragen und deren Konsequenzen für die Selbstbestimmung des Menschen im Zentrum. Es geht Rudolf Steiner dabei vor allen Dingen darum, dem Hauptorgan der Erkenntnis, dem Denken, den ihm gebührenden Platz im Erkenntnisprozeß zuzuweisen und dessen Bedeutung für das menschliche Leben aufzuzeigen.

"Zu solchen Fähigkeiten gehört ja gewiß das, was wir die menschliche Vernunft, den menschlichen Intellekt nennen; das ging aus den letzten Vorträgen schon hervor. Und die Geisteswissenschaft weiß, daß es eigentlich eine Zukunft dieses Intellektes nicht gibt. Andere Fähigkeiten, wie das Denken des Herzens, werden sich in der menschlichen Seele bei ihrem Wandel in die Zukunft hinein entwickeln.

 

[GA 119, Makrokosmos und Mikrokosmos, 2. Auflage 1962, 11. Vortrag Wien, 31. März 1910, S. 248]

oder:

[GA 119, Makrokosmos und Mikrokosmos, 3. Aufl. 1988, 11. Vortrag Wien, 31. März 1910, S. 260]

Grenzen erweitern – Wirklichkeit erfahren

Das Studium der Geisteswissenschaft als Voraussetzung für Forschung auf geistigem Felde

Ein Aufsatz von Heinz Zimmermann über die wichtige Bedeutung des Studiums.

"Rudolf Steiner (1861-1925) tritt im letzten Jahrhundert mit Werken an die Öffentlichkeit, die sich an seine Goethestudien als Herausgeber der natur­wissenschaftlichen Schriften am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar anschließen. Es sind dies im wesentlichen die drei Werke Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, mit besonderer Rücksicht auf Schiller, Wahrheit und Wissenschaft und Die Philosophie der Freiheit.

In diesen Werken stehen erkenntnismethodische Fragen und deren Kon­sequenzen für die Selbstbestimmung des Menschen im Zentrum. Es geht Rudolf Steiner dabei vor allen Dingen darum, dem Hauptorgan der Er­kenntnis, dem Denken, den ihm gebührenden Platz im Erkenntnisprozeß zuzuweisen und dessen Bedeutung für das menschliche Leben aufzuzeigen. Indem aber das Denken als Erkenntnisorgan selber ins Blickfeld genom­men wird, erweist sich dieses als das Bindeglied zwischen der Sinneswelt und der geistigen Welt, der das Denken selber seinem Wesen nach ange­hört. Als Erfahrungsinhalt kann in einem Ausnahmezustand das Denken als rein geistige Tätigkeit zum ersten übersinnlichen Erlebnis werden. Man kann dies als den Beginn der Geisteswissenschaft bezeichnen, indem ein rein geistiger Inhalt (das Denken) erforscht wird. In seiner Philosophie der Freiheit bezeichnet Steiner dies als einen Ausnahmezustand des Bewußt­seins.

Nun können sich die Forschungsobjekte über die Beobachtung des Den­kens hinaus natürlich erweitern, müssen aber, um als Forschungsresultate anerkannt werden zu können, immer in Ideenform umgesetzt werden. In diesem Sinn sind Rudolf Steiners anthroposophische Grundwerke, die alle nach der Jahrhundertwende erschienen sind, zu verstehen. Sie geben For­schungsergebnisse einer Geisteswissenschaft in Gedankenform wieder."

(aus: Heinz Zimmermann, Grenzen erweitern/ Wirklichkeit erfahren, "Das Studium der Geisteswissenschaft als Voraussetzung für Forschung auf geistigem Felde", Stuttgart 1998, S. 17f)