Eine faire Kette aus Baumwolle
Die Remei AG produziert modische Textilien aus fairer Bio-Baumwolle in einer kontrolliert transparenten Prozesskette; sie ist auf mehreren Kontinenten tätig.
Der Gründer und Geschäftsführer Patrick Hohmann gestaltet die Preise bewusst so, dass alle Beteiligten in dieser Prozesskette ihre Grundbedürfnisse decken können. Eine stetige Herausforderung.
Assoziatives Wirtschaften für faire Preise
Die Preisfindung, wie sie die Remei AG praktiziert, wird als assoziatives Wirtschaften bezeichnet und ist für den erfahrenen Patrick Hohmann eine immer wiederkehrende Herausforderung. Er erklärt: In der heutigen Zeit ist das Wirtschaften einer immer grösseren Transparenz ausgesetzt. Assoziatives Wirtschaften, so könnte man meinen, sei schwieriger geworden, denn die Vereinbarungen, die eine Gemeinschaft treffen muss, sind umfangreich und mühsam.
Plädoyer für globales Einfühlungsvermögen
Wir reden oft über den richtigen, den fairen Preis, und doch zahlen wir ihn kaum je einmal. Der faire Preis manifestiert sich an einer Auseinandersetzung. Ausschlaggebend ist dabei, ob die Durchsetzungskraft eines Einzelnen oder die Konsensfähigkeit einer Gemeinschaft obsiegt. Zudem wird vorausgesetzt, dass jeder Einzelne auch als Individuum wahrgenommen wird, das am Verarbeitungsprozess teilgenommen hat. Ist dies überhaupt möglich? Und wie schwierig ist es wirklich, über die Kontinente und ihre unterschiedlichen Kulturen hinweg zusammenzuarbeiten mit dem Ziel, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, echt assoziativ vorzugehen?
Wirtschaftlichkeit versus Zeit und Lebensqualität
Assoziatives Wirtschaften verlangt generell einen hohen Grad an Verantwortungsbewusstsein und Kompetenz sowohl in wirtschaftlicher als auch in menschlicher Hinsicht. Unsere westliche Welt, in der das Leben so stark bestimmt und geordnet wird, hat zu wenig Blick für andere Kulturen. Unsere Prägung von «Zeit» und «Wirtschaftlichkeit» rückt immer stärker in den Vordergrund, sodass die auf der anderen Seite der Welt vorherrschende Vorstellung von «Zeit» und «Lebensqualität» zu kurz kommt. Dabei könnte man durchaus voneinander lernen und sich ergänzen, wenn nur andere Messgrössen herangezogen würden.
Ich habe in meinem Leben diese andersartigen Kulturen schätzen gelernt. Wir arbeiten mit Asiaten, Indern, Afrikanern, Europäern und Amerikanern zusammen. Und immer wieder erlebe ich die verschiedenen Grundzüge ihrer Kulturen. Wenn ich diese Fähigkeiten besser nutzen könnte, würde es mir vielleicht gelingen, eine assoziative Marktwirtschaft zu leben. Ich kann versuchen, diese Andersartigkeit am Beispiel des Budgetierens zu beschreiben.
In jedem Land läuft es anders
Sie haben sicherlich schon die Erfahrung gemacht, in Ihrem Haushalt budgetieren zu wollen. Es ist höchst selten, dass sich alle Familienmitglieder zusammen an einen Tisch setzen und mit diesem Thema auseinandersetzen wollen. Der eine meint, es sei wichtig, der andere fragt: Was soll das? Wenn ich kein Geld mehr habe, dann gebe ich keines mehr aus. Der Dritte möchte einen gewissen Betrag sparen und den Rest ausgeben und so weiter. Aber eines ist uns Europäern gemeinsam: Wenn wir schon budgetieren, dann soll das Budget auch eine Aussagekraft haben!
Indisch: Was willst Du, dass ich reinschreibe?
Ein Inder denkt etwas anders. Er fragt sich beim Budgetieren, was sein Gegenüber haben möchte. Er reiht Zahl an Zahl und macht sich unbewusst folgende Gedanken: Ich weiss nicht, was mein Schicksal mit mir will. Ich muss abwarten. Aber warten geht nicht, also stellt er sich die Frage: Was will mein Auftraggeber sehen? Und so fragt er ihn: «Was willst Du, dass ich da reinschreibe?»
Afrikanisch: Wenn Du fertig bist, komme ich wieder.
Der Afrikaner sieht den Prozess des Budgetierens ganz anders. Er kommt morgens früh ins Büro, anerkennt, dass ich, Patrick Hohmann, budgetieren möchte, legt mir auch alles, was ich dafür brauche, vor, gratuliert mir zu dieser Entscheidung und meint: «Es ist gut, dass du budgetieren willst.» Dabei lächelt er und schliesst diese angenehme Begegnung mit den Worten ab: «Wenn Du fertig bist, komme ich wieder!»
Kennen Sie ein Volk, das bessere Strassen hat als wir? Kennen Sie ein Volk, das sein Schicksal besser erträgt als das asiatische? Kennen Sie ein Volk, das weniger am Burnout-Syndrom leidet als die Afrikaner? Oder besser gesagt: Kennen Sie einen Afrikaner, der ein Burnout auskuriert?
Und so haben sich die drei Kulturen entwickelt. Wir haben eine hervorragende Infrastruktur, Altersvorsorge, Krankenversorgung und vieles mehr. Die Asiaten haben die Fähigkeit, ihr Schicksal anzunehmen und sogar mit tsunamischen Verhältnissen umzugehen. Der Afrikaner hat die Fähigkeit, im Heute zu leben. Dies zeigt uns der Afrikaner schonungslos auf. Er lebt im Rhythmus der Natur und dies ist sein Hauptmerkmal. Er denkt nicht so wie wir. Er kann sich nicht so organisieren wie wir. Unser Urteil ihm gegenüber kann vernichtend sein. In einer Sache ist er uns aber voraus: Er hat Zeit – Zeit, sich mit der Erde Rhythmen zu verbinden.
Was ist ein fairer Preis?
So entwickelt sich assoziatives Wirtschaften als eigentliche Lösung für unsere Weltwirtschaftsfragen, für unsere Preisfragen. Was ist ein fairer Preis? Nicht der gleiche für alle, sondern einer, der jedem einen Raum zur Entwicklung gibt, einer, der transparent ist, einer, der niemanden vollständig zufriedenstellt, aber auch niemanden in Elend und Armut darben lässt. Denn gerade wenn der Preis nur einen Einzelnen vollständig zufriedenstellen würde, wäre plötzlich keine Entwicklung mehr möglich.
Ja, es klingt hart, aber schön Geschaffenes entsteht, wenn Menschen untereinander oder in der Natur Grenzen setzen, nicht um einander zu bremsen, sondern um die Frucht der Zusammenarbeit zu veredeln. So will assoziatives Wirtschaften gelernt sein. Es muss ständig geübt werden und bedingt die Kunst, sich Gegensätzlichstes anzuhören, ohne jedoch das Ziel aus den Augen zu verlieren, nämlich, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Produkt herzustellen, das einem Bedürfnis entspricht.
Dafür müssen Menschen zusammenarbeiten – in bestem Sinn und mit dem gleichen Ziel. Dafür brauchen sie eine gemeinsame Vision, die im Geistigen verankert ist und sich deshalb erst später in der Aussprache und im Verständnis äussern kann. So wird in Zukunft nicht mehr der Einzelne konkurrieren, sondern es werden konkurrenzfähige Vereinigungen entstehen. Aber eben in Zukunft! Und es wird mühsam bleiben.
Patrick Hohmann
Fallbeispiel Remei AG
Volle Transparenz bei Prozess und Preis
Unter dem Qualitätssiegel bioRe® hat die Schweizer Handelsfirma Remei AG eine Vision verwirklicht: Die Produktion von modischen Textilien aus fairer Bio-Baumwolle in einer kontrolliert transparenten Prozesskette.
Vom Bio-Anbau über die Verarbeitung bis zum fertigen Produkt erfüllen alle Stufen der Produktion strenge ökologische und soziale Anforderungen. Diese werden von unabhängigen Institutionen kontrolliert.
In allem richtet sich dabei die Remei AG nach fünf Grundsätzen:
Biologisch?
Förderung und Umstellung auf kontrolliert biologischen Anbau und Fruchtfolgewechsel.
Fairness?
Menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Bauernfamilien und Textilarbeiter.?
Ökologisch?
Respekt vor der Natur bedeutet u.a. kein Einsatz von giftigen Chemikalien.?
Transparenz?
Vollständige Rückverfolgbarkeit des Produktes und Kontrolle über alle Prozessstufen.?
Innovation?
Weiterdenken und bewusster Umgang mit den Ressourcen wie die Reduktion und Kompensation von CO2 Emissionen.
www.remei.ch