Schenkgeld ist ein starker Impulsgeber
«Lerne teilen»! Abgeben vom Eigenen – schon als Kinder werden wir zu freiwilligem und manchmal auch nicht ganz freiwilligem Schenken angehalten. Was bewirkt Schenken?
Meistens ist uns nicht klar bewusst, dass die Eltern ihre Kinder beschenken, wenn sie ihnen geben, was diese benötigen, um zu leben, zu wachsen, sich zu entwickeln. Das wird nicht als besondere Tugend, sondern als völlig natürlich und selbstverständlich angesehen.
Geld schenken heisst Interesse schenken
Dass das Schenken der Eltern eine wirtschaftlich produktive Seite hat, sehen wir leicht ein: sind doch die jetzigen Kinder die künftigen Wirtschaftsteilnehmer und werden als Garanten für die Weiterentwicklung dessen angesehen, was wir in die Wege geleitet haben.
Dem Schenken wohnt ein Empfindungsimpuls inne: Wir empfinden, dass an einem Ort Geld aktiv gebraucht wird, um Gegenwart oder Zukunft zu ermöglichen. Geld, welches wir nicht direkt gebrauchen, ruft eigentlich danach, aktiv eingesetzt zu werden.
Schenken setzt voraus, zu begreifen, was andere nötig haben – sei es Brot, Kleidung, Geld, eine Freude, Zuwendung. Es heisst auch, wir schenken diesem anderen Menschen Interesse oder aber der Sache, die er unternehmen, der er dienen will. Schenken setzt voraus, dass der Schenkende über das Gut verfügt, welches dem anderen nötig oder lieb zu erhalten ist. Zum Geld-Geschenk gehört Interesse am Beschenkten oder an den Impulsen, die er mit dem Geld verwirklichen will und wird.
Schenkgeld aktiviert
Bin ich hingegen der Beschenkte, so können meine bisher aufgestauten Impulse und Taten dank der Ermöglichung durch Spenden ihren Weg ins Leben nehmen. Schenkgeld bewirkt eine wie auch immer geartete, unmittelbare Aktivität.
Die grosse Anzahl der Vereine, Stiftungen und anderer Sammelorganisationen in der Schweiz beweist, wie vielfältig und individuell, wie reich mit Schenkgeld unterstützt sie sind. Wir können ahnen, wie produktiv alle diese Initiativen für Gegenwart und Zukunft sind.
Geld verschwindet, Möglichkeiten tauchen auf
Schenken gehört zu unserer Wirtschaft. Was Geld erbringt, ist nur ein kleiner Teil der Wirtschaft. Mächtig hingegen, produktiv und zukunftgerichtet ist, was aus Sicht des ehemaligen Besitzers Geld «verschwinden» und es als vielfältige und auch als ganz neue, unvorhersehbare Impulse und Möglichkeiten wieder auferstehen lässt: das Schenken.
Ursula Piffaretti
Ursula Piffaretti
Gründerin verschiedener Institutionen und Unternehmen. Sie war jahrelang als Verwaltungsrätin einer Handelsfirma, als Stiftungsrätin sowie als Mitglied im Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft in der Schweiz tätig. 33 Jahre lebte sie im Tessin, ist verheiratet und hat fünf jetzt erwachsene Kinder. Vor einem Jahr übernahm sie die Buchhandlung Beer in Zürich. Ihr Anliegen ist die Förderung des modernen Kulturimpulses Anthroposophie.