FondsGoetheanum: Kuh und Klima

Ja, ich will zur nachhaltigen Landwirtschaft beitragen

 

Zunehmend höhere Temperaturen und deren Folgen konfrontieren uns, wie z. B. die Gletscherschmelze. Die Landschaften und das Klima verändern sich. Die Herausforderungen an die landwirtschaftliche Produktion steigen. Die Ernährungssicherheit ist gefährdet. Der Weckruf des Weltagrarberichts von 2008 «Weiter wie bisher ist keine Option» kann nicht mehr überhört werden. Es braucht Politiker, Händler und Konsumenten, die gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern die Ernährungspolitik gestalten. Es braucht eine andere Haltung, eine Landwirtschaft, welche die Bodenerosion verhindert und die Böden nachhaltig fruchtbar erhält. Die biodynamische Landwirtschaft baut Bodenfruchtbarkeit auf. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Forschung für diesen Kulturimpuls.

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Eine Herde für die Erde

Der ideale Bauernhof ist ein Organismus. Herzstück des Betriebes von Lena und Cäsar Bürgi im Solothurner Jura ist eine Mutterkuhherde. Wie viel Gutes die Kühe zu seinem Gedeihen beitragen, lesen Sie in diesem Bericht.

Wir erachten unsere Mutterkuhherde als zentrales Glied in der Schaffung unseres Hoforganismus. Denn unser biodynamischer Hof auf der ersten Kette des Solothurner Juras – die landwirtschaftliche Nutzfläche liegt zwischen 750 und 850 Metern ü. M. – ist mehr als nur eine Produktionsstätte. Wir gestalten ihn als einen Organismus, welcher durch die Wechselwirkungen der verschiedensten Bestandteile als Ganzes zum Leben erweckt wird.

Der Kuhfladen. Seine Metamorphose wirkt wie ein Katalysator, erhöht die Bodenfruchtbarkeit und die Biodiversität.

Die höchste Form der Rindviehhaltung

Wie gesagt stehen im Zentrum die weidenden Kühe mit ihren Kälbern, die Aufzuchtrinder und der Zuchtmuni. In unseren Augen ist das die höchste Form der Rindviehhaltung. Unsere Tiere fressen nur hofeigenes Futter. In dieser Haltung kommen sie in direkte Verbindung mit dem Boden und mit der Umwelt. Sie fressen die Futterpflanzen ab, lassen einige aber auch stehen, womit diese ihre Samen ausreifen und wieder an die Umgebung abgeben können. Der Tritt der Tiere in die Grasnarbe fördert neuen Pflanzenbewuchs und hilft, die Wiese zu erneuern.
Abgerundet wird dieses Zusammenwirken, indem die Tiere Kot und den körperwarmen Urin getrennt absondern. Auf diese Weise erreicht man die beste Düngung und den nachhaltigsten Humusaufbau im Boden, die bzw. den man sich wünschen kann. Mit der Beweidung unserer Wiesen können wir die natürliche Bodenfruchtbarkeit erhalten und fördern.

Metamorphose eines Fladens

Lassen wir uns an einem solchen Kuhfladen auf der Weide nieder und beobachten wir ihn über eine längere Zeit. Da erkennen wir, wie das Leben ihn von unten und von oben durchdringt, verwandelt, abbaut und wie der Boden ihn nach und nach aufnimmt und sich zu eigen macht. Insekten, Würmer, Pilze und schliesslich Bakterien stürzen sich auf ihn. Sie freuen sich über die Vollpension, die ihnen dieser Fladen für einige Zeit gewährt. Die Krähen (und leider auch die Wildschweine) wissen, dass es in den Kuhfladen hoch hergeht und dass es da immer etwas Verwertbares zu holen gibt. Der Kuhfladen, der durch dieses vielfältige Zusammenspiel unzähliger Lebewesen nach und nach zu Erde wird, ist ein einzigartiges Biotop. Für uns ist diese natürliche, lebendige Düngung die beste.
Wenn wir in unserer Herde stehen und den Blick schweifen lassen, erkennen wir, dass die Kuh und diese Weidelandschaft untrennbar zusammengehören. Über Jahrhunderte ist sie dank der Kühe, Ziegen und Schafe zu dem geworden, was sie heute ist. Angefangen hat es damit, dass die Jäger und Sammler sesshaft wurden, Wald rodeten, Tiere domestizierten und den Boden zu kultivieren begannen.
Allmählich vermochten die Bauern Lebensmittel, die sie nicht für die eigene Ernährung brauchten, an den Markt zu bringen, um andere Menschen zu ernähren, die dadurch anderen Tätigkeiten als der Landwirtschaft nachgehen konnten. Das ermöglichte erst die Entstehung der arbeitsteiligen Gesellschaft, die wir heute in unserer Welt als selbstverständlich betrachten. An ihrem Ausgangspunkt stand die Kuh.

Der Betrieb von Lena & Cäsar Bürgi im Solothurner Jura. Ein Organismus.

Grasland sinnvoll nutzen

In diesem Sinne versuchen wir auch heute noch zu arbeiten. Wir möchten auf unserer Betriebsfläche einen guten Ertrag erwirtschaften und dabei, was ebenso wichtig ist, die Bodenfruchtbarkeit dieser Kulturflächen erhalten. Wir wollen sicherstellen, dass auch künftige Generationen eine Grundlage haben, sich auf fruchtbarem Boden niederlassen zu können.
Auf unserem Hof im Berggebiet beweiden nebst den Rindern auch Ziegen, Pferde, Hühner und Schweine unsere Wiesen und Weiden. Jede Tierart hat ihre eigenen Ansprüche und ein eigenes, ausgeprägtes Fress- und Weideverhalten. Unsere Aufgabe als Bauern besteht darin, durch ein passendes Weidemanagement dafür zu sorgen, dass sie sich gegenseitig ergänzen. Durch ein harmonisches Zusammenwirken der Tierarten und die auf den Pflanzenbestand abgestimmte Nutzung fördern wir die Biodiversität in unserer Landschaftskammer.
Durch das Wirken der Tiere und insbesondere der Kühe halten wir uns die Möglichkeit offen, gewisse Flächen für den Ackerbau oder den Anbau von Gemüse zu nutzen. Allerdings in begrenztem Mass, denn im Berggebiet sind dem Pflanzenbau auf vielen Flächen Grenzen gesetzt. In Steillagen oder auf flachgründigen Böden, wo der Fels fast bis zur Oberfläche reicht, können Getreide, Kartoffeln und Gemüse allenfalls mit erheblichem Arbeitsaufwand gezogen werden. Und dazu fehlen uns die Hände, die bereit wären, solche harte körperliche Arbeit zu leisten.

Der Wechsel bringt’s

Auf geeigneten Flächen bauen wir jedoch mit viel Freude unser Gemüse und Getreide an. Hier können wir erkennen, dass wir auf Weideflächen, die wir für ein Jahr Gemüse und anschliessend ein Jahr Getreide umbrechen und bestellen, gesunde und kräftige Pflanzen haben, die wir nicht vor Schnecken zu schützen brauchen und die ohne zugekaufte, teils fragwürdige Biohandelsdünger tierischer Herkunft gedeihen, wie sie in der spezialisierten Landwirtschaft oft verwendet werden.
Nach dem Getreide führen wir die Fläche wieder zurück zu Weideland und brechen einen neuen Blätz auf. Für diesen Beitrag zur pflanzlichen Ernährung ist die Kuh, besser gesagt, sind die weidende Kuh und alle anderen weidenden Tiere auf dem Hof eine essenzielle Grundlage.

Kundinnen und Kunden als Teil des Hoforganismus

Den Hoforganismus kann man auch noch weiterdenken, nämlich ausgedehnt auf die Kundinnen und Kunden, die unsere landwirtschaftlichen Produkte beziehen. Sie sind weniger nah am Puls des Mikrokosmos unserer Jurakette als die Leute, die auf dem Hof leben. Wir selbst essen, was hier wächst und gedeiht. Durch unseren sehr vielseitigen Hof geniessen wir grosse Abwechslung und Vielfalt auf dem Teller, jedoch selten in konstanten Mengen, da die Erträge jedes Jahr anders sind.
Das möchten wir auch unserem Kundenkreis vermitteln. Wir versuchen, unseren Kundinnen und Kunden den Hof näherzubringen, unsere Art zu produzieren aufzuzeigen, und laden sie ein, mitzunehmen, was es eben gerade hat, und damit zu einem Teil dieses Organismus zu werden.
Dadurch haben sie die Hände frei, um Software zu programmieren, den Stadtbus zu fahren, Steuern zu optimieren, Zahnspangen anzupassen, Betagte zu betreuen oder Kinder zu unterrichten. Am Ursprung dieser arbeitsteiligen Welt steht die Kuh. Ihr gebührt unser Dank.

Lena und Cäsar Bürgi, Holderbank

©Getty Images