Bioackerbau verursacht weniger CO2-Emissionen
Eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau zeigt: Biobauern bewirtschaften «klimafreundlichere» Felder.
Text: René Schulte
Paul Mäder
Dr. phil., Dipl. Ing. Agr. ETH
Forschungsinstitut
für biologischen Landbau (FiBL)
Seit 1978 betreiben das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und die Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) einen Feldversuch in Therwil BL. Dabei untersuchen Forscher wie Paul Mäder die Unterschiede zwischen biologischem und konventionellem Ackerbau. «Die Studie zeigt», so Mäder, «dass im Biolandbau zwar durchschnittlich 20 Prozent weniger Ernte eingefahren wird als üblich. Dafür braucht es viel weniger Dünger, Energie und praktisch keine Pestizide.» (Science, 2002, Vol. 296)
Genau da fängt die Klimafreundlichkeit an. Während die konventionelle Landwirtschaft energieintensive chemische Dünger und Pestizide einsetzt - wenn auch zurückhaltend - nutzen Biobauern primär hofeigenen Mist und Gülle. Zudem sind Bioböden reicher an Arten. «Kleintiere und Mikroben sorgen für Bodenstabilität, können Mist und Ernterückstände effizienter nutzen und tragen so zur Humusbildung bei», erklärt Mäder. «Beides sorgt dafür, dass viel weniger CO2 freigesetzt wird, als im konventionellen Landbau.»
www.fibl.ch
In welcher Landschaft wollen wir leben, von welchen Lebensmitteln wollen wir uns ernähren? Wie wollen wir im Markt miteinander umgehen? Diese Zukunftsfragen beschäftigen die Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum in ihrer Forschung.
Nikolai Fuchs
Leiter Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum
Welches sind die Bedingungen, damit eine Landwirtschaft immer vielfältiger wird, statt immer eintöniger?
Biologisch-dynamische Landwirtschaft ist schon heute in vielen Nachhaltigkeitsparametern führend. Aber sie will sich immer weiter verbessern, der Umwelt und der Mitwelt zuliebe.
Jedes Jahr treffen sich über 600 Bäuerinnen und Bauern aus der ganzen Welt zur Landwirtschaftlichen Tagung am Goetheanum, der weltweit grössten jährlichen Biobauerntagung.
Dort wird gefachsimpelt, man bildet sich weiter, die Pausen werden zu Treffen genutzt. Zu den aktuellen Themen wie z.B. Klimawandel tauscht man die neusten Erkenntnisse aus und entwickelt sie weiter.
Forschungsthemen sind: «Neue Wissenschaftsansätze für Landwirtschaft», «Bedeutung der Tierhaltung in der Landwirtschaft», «eine neue Ökonomik für Landwirtschaft», «neue Hygiene-Konzepte für Landwirtschaft und Verarbeitung», «Wärmeprozesse in der Landwirtschaft», «Auswirkung gentechnischer Eingriffe auf die Gestalt von Pflanzen». Diese unkonventionellen Themen erfordern Forschen ohne Scheuklappen. Zur Grundlagenforschung hinzu kommt die Mitarbeit in weltweiten Forschungsnetzwerken.
Das Forschungsinstitut am Goetheanum wird heute von zwei der zehn Fachsektionen der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum - der Naturwissenschaftlichen Sektion und der Sektion für Landwirtschaft - gemeinsam betrieben. Das Institut ist die weltweit älteste Biolandbau-Forschungseinrichtung. Die ersten Versuche fanden hier bereits 1920 statt.
Pioniere des Forschungsinstituts wie Dr. Ehrenfried Pfeiffer (1899-1961) und der langjährige Leiter der Sektion für Landwirtschaft, Prof. Dr. Dr. hc Herbert Koepf (1914-2007) fanden auch in weiteren Öffentlichkeits- und Wissenschaftskreisen, vor allem in den USA, Anerkennung. Die am Goetheanum gepflegten Forschungsansätze werden in der Regel öffentlich nicht gefördert. Die Forschung ist auf Spenden angewiesen.
www.sektion-landwirtschaft.org
Dr. sc. ETH Urs Niggli
Direktor Forschungsinstitut
für biologischen Landbau (FiBL), Frick
Herr Niggli, welche Bedeutung hat die biologische und biodynamische Landwirtschaft?
In der Schweiz gibt es über 6400 biologische und biodynamische Betriebe, das sind 10% aller Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz mit 11% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Das Interesse an Bioprodukten steigt, die Zahl der Biobauern und die Biofläche werden weiter wachsen. Bio leistet einen wichtigen Beitrag zur Klimaerhaltung. Die biodynamische Anbauweise mag punktuell naturwissenschaftlich unverständlich sein, ihre positiven Effekte jedoch sind belegt. Bezüglich der gesundheitlichen Vorteile von Bioprodukten gibt es einige Unterschiede, welche für viele Konsumenten relevant sind. Diese sind im FiBL-Dossier «Qualität und Sicherheit von Bioprodukten: Lebensmittel im Vergleich»2übersichtlich dargestellt.
Was sagen Sie zum Vorwurf, Biolandbau sei eine veraltete Anbaumethode?
Die ökologische Landwirtschaft ist eine moderne Technologie, die den wissenschaftlichen Fortschritt kritisch nutzt. Sie hält die Diversität von Kultur- und Wildpflanzen auf einem hohen Niveau und die Struktur der Böden lebendig. Diese binden den atmosphärischen Kohlenstoff, haben deutlich weniger Erosion und können das Wasser gut speichern. Alles höchst aktuelle Anliegen.
Welches sind die Vorzüge des Biolandbaus gegenüber dem konventionellen Landbau?
Biobetriebe verzichten auf Stickstoff aus synthetischer Produktion zur Düngung. Sie nutzen die natürliche Fixierung von Luftstickstoff durch Kleearten, was grosse Mengen von Stickstoff aus der Luft in den Boden bringt, ohne dafür Unmengen von Erdöl zu verbrennen. Eine verblüffend effiziente, klimapositive Methode. So gesehen ist der Biolandbau Trendsetter.
Was halten Sie von biodynamischen Präparaten?
Die biodynamischen Betriebe setzen auf geschlossene Kreisläufe sowie auf die Stärkung der Pflanzen und die Belebung der Böden durch die Präparate. In Langzeituntersuchungen zeigt die Anwendung von biodynamischen Präparaten eine verbesserte Bodenfruchtbarkeit.
Wie umweltgerecht ist die biologische Landwirtschaft?
Die positiven Auswirkungen des Biolandbaus sind wissenschaftlich belegt. Der Biolandbau wird von allen Seiten als bisher beste Strategie bezeichnet, wenn es um die Verbindung von Produktivität (Erzeugung von Lebensmitteln), Ökologie (Schutz der natürlichen Ressourcen) und Vermeidung von Umweltbelastungen geht.
2 zu beziehen beim FiBL, 5070 Frick