FondsGoetheanum: Pädagogik

Die Kunst in der Erziehung, die Kunst der Erziehung

Kunst bringt in der Erziehung Gewinn. Sie fördert die Entwicklung von Kindern, ihre mathematische Intelligenz, ihre räumliche Vorstellungskraft. Die Rudolf Steiner Schulen gestalten den gesamten Unterricht zudem als künstlerischen Prozess.

In der Bildung ist das Künstlerische wichtig, das weisen aktuelle Arbeiten zu den Bildungswissenschaften nach. 

FondsGoetheanum: Pädagogik und Kleinkinderziehung
Manuelle Fertigkeiten fördern die mathematische Intelligenz.

Kunst weckt Vorstellungskraft, entfaltet intelligente Fähigkeiten

Heute weiss man, dass manuelle Fertigkeiten – wie zum Beispiel das Strickenlernen – die mathematische Intelligenz fördern. Weiter ist erwiesen, dass körperliche Orientierung im Raum, zum Beispiel durch das Tanzen eines Reigens, die räumliche Vorstellungskraft weckt. Diese ist nötig für alle geometrischen Operationen.

Ebenso ist unbestritten, welch hervorragende Rolle die musikalische Betätigung bei der Entfaltung der intelligenten Fähigkeiten spielt: Im musikalischen Tun sind alle Gehirnsysteme zugleich aktiv und gefordert.

Kunst ist kein Luxus

Wer heute noch meint, Kunst sei Luxus, der vertritt bezüglich Bildung einen Standpunkt, der längst als überholt gilt. Die Steinerschulen haben seit ihrer Entstehung viel Kunst und Künstlerisches in ihrem Programm; nicht als überflüssigen Luxus, sondern aus Entwicklungsnotwendigkeit. Es ist zu hoffen, dass dieses Prinzip von immer mehr staatlichen Schulen verstanden und umgesetzt wird.

Der Unterricht als Kunst

Es gibt noch eine andere wichtige Grunderkenntnis an den Steinerschulen. Sie greift noch tiefer im ganzen einmaligen, den Schüler prägenden Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer: Es gilt das Prinzip, dass der Unterricht selbst als ein künstlerischer Prozess gestaltet und durchlaufen wird.

Warum ist das so? Was ist Kunst? Der Volksmund sagt, Kunst kommt von Können. Ein wahres Wort! Jeder Künstler muss seine Kunst können, beherrschen, darin Meister sein. Sei es im Malen, in der Musik, im Plastischen, wie und wo auch immer. Künstler beherrschen ihr Metier. Denn wer es beherrscht, kann sich der Situation des Unbekannten, potenziell Unerwarteten gegenüberstellen. Bedeutet nicht Heilkunst, Lebenskunst, Erziehungskunst, dass man aus seinem Können ganz Neues schöpfen kann?

FondsGoetheanum: Pädagogik und Kleinkinderziehung
Kreativ-schöpferischer Unterricht erhöht die Aufmerksamkeit.

Mit Freuden vom Leben lernen

Was erleben die Schüler, wenn sie Lesen lernen, Rechnen lernen, Geografie lernen, Geschichtsunterricht vermittelt bekommen aus dem einmaligen schöpferischen Vorgang der Lehrperson statt nach rational ausgearbeiteten Methoden? Von einer Lehrperson, die für ihre Schülergruppe die Mathematik mit selbst gemachten, eigens für ihre Schüler entwickelten Beispielen lehrt und mit viel Spielraum und Verantwortung schöpferisch und pädagogisch tätig ist?

Im schöpferischen Unterricht entsteht ein Bezug zum Leben, der das Lernen mit einschliesst. Wer so lernen darf, entwickelt keinen Ekel vor dem Lernen. Wer so lernen darf, lernt, selber kreativ-schöpferisch im Leben zu stehen. Alle, die so lernen dürfen, werden ein Leben lang daran Freude haben, dass sie vom Leben lernen können.

Streben nach dem Ideal

Es ist ein Ideal. Aber wohin kämen wir, wenn es in der Erziehung keinen Platz mehr für Ideale hätte? Die Steinerschulen schämen sich nicht, nach einem hohen Erziehungsideal zu streben, auch wenn es nicht immer vollständig verwirklicht werden kann. Ohne dieses Streben nach dem Ideal kann keine dieser Schulen überleben. Dafür nehmen Lehrerinnen und Lehrer auch finanzielle Einbussen in Kauf. Denn Unterrichten als künstlerischer Prozess stärkt die Erziehungsfreude.

Christof Wiechert

www.steinerschule.ch

«Erziehung zur Freiheit», Bilder und Berichte aus der internationalen Waldorfschulbewegung, ISBN 978-3-7725-1619-1