FondsGoetheanum: Präparate

Können Bienen mit Varroa überleben?

Die Varroamilbe gilt als Hauptursache fürs weltweite Bienensterben. Die meisten Imker bekämpfen den Schädling mit Ameisen- und Kleesäure. Dank Geldern des FondsGoetheanum sieht der Imker Martin Dettli einen möglichen neuen Weg: die Koexistenz von Bienen und Var- roa. Das Bienen-Forschungsprojekt geht weiter.

Martin Dettli begegnete vor einigen Jahren zwei Imkern, die seit vielen Jahren bei Varroabefall auf die Säurebehandlung verzichten und deren Völker trotzdem gesund sind. Konkret heisst das, dass die Bienenvölker trotz Varroabefall überleben. Wie ist diese Koexistenz im Bienenstock möglich? Er hat dazu von 2014 bis 2017 ein Forschungsprojekt durchgeführt.

Die Bienen lernen, mit den Milben umzugehen

Das Resultat überrascht: Bei beiden Imkern sind die Winterverluste geringer als bei den meisten Bienenhaltern, die ihre Völker behandeln. Bei den Völkern eines der beiden Imker konnten Wissenschaftler des Zentrums für Bienenforschung Liebefeld nachweisen, dass diese über ein Varroa-sensitives Hygieneverhalten verfügen: Die Bienen räumen Brutzellen mit Milben und geschädigten Maden aus.

Bienen-Zeitung berichtet über Varroa-Toleranz

Die Wirkung des Projekts von Dettli in der Schweizerischen Imkerschaft ist ebenso aufregend wie die Resultate selbst. Ohne «Scheuklappen» publizierte die Schweizerische Bienen-Zeitung zwei Artikel über die Varroa-Toleranz1 – ein Novum, galten doch Nichtbehandler in der Vergangenheit als Gegner und Feinde der Imkerschaft. Wie die Toleranz zustande kommt und wie sie in den Bienenvölkern weitergegeben wird, ist erst ansatzweise bekannt. In mehreren Forschungen hat sich auch gezeigt, dass bestehende Toleranzen bei einem Standortwechsel verloren gehen. An der Konferenz der Arbeitsgruppe für naturgemässe Imkerei im Jahr 2017 vermutete Ralph Büchler, Leiter des Bienenforschungsinstituts in Kirchhain (DE), dass das Toleranzverhalten durch Nachahmung weitergegeben werden könnte. Das würde bedeuten: Junge Bienen erlernen es von den älteren Schwestern. Diese nicht genetische Form der Weitergabe von Eigenschaften wurde schon von Rudolf Steiner als Grundlage der Entwicklung und Evolution aller Lebewesen bezeichnet2.

Das Nachfolgeprojekt wird Aufschluss geben

Auf diesem Hintergrund haben Dr. Eva Frey und der Autor ein Nachfolgeprojekt gestartet.
Das Versuchsdesign ist einfach: Die Forscher bilden zwei Gruppen von Völkern. Gruppe A hat tolerante Königinnen und tolerante Bienen; Gruppe B bekommt tolerante Königinnen und nicht tolerante Bienen. Getestet wird, ob sich im Überleben, den Milbenzahlen, den Bienenviren und im Reproduktionserfolg der Milben Unterschiede zwischen den Versuchs- und den Kontrollvölkern zeigen.

Forschung kann zum Umdenken führen

Sollte dies der Fall sein, wird das Projekt in der Imkerschaft zu einem grossen Umdenken führen. Dies sowohl bezüglich der Bedeutung der Vererbung (Genetik) der Varroa-Toleranz wie auch in Bezug auf ihre praktische Weitergabe in den Bienenvölkern.
Die Forscher haben das Glück, dass einer der Imker für dieses Folgeprojekt Königinnen und Bienen zur Verfügung gestellt hat. Damit können sie ihre Studie im Emmental und in der Versuchsimkerei von Mellifera e. V. auf der Schwäbischen Alb fortsetzen und so auch mögliche Effekte des Standorts und der Standortanpassung erkennen.

Dr. Johannes Wirz
Biologe, Naturwissenschaftliche Sektion

1) M. Dettli (2018), Varroatolerante Bienenvölker (1. Teil). Schweizerische Bienen-Zeitung 01/2018, S. 14–17; (2. Teil). Schweizerische Bienen-Zeitung 02/2018, S. 15–17;
2) R. Steiner (1899), Haeckel und seine Gegner. In: Methodische Grundlagen der Anthroposophie, GA 30, Dornach 1961.

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