
Zur Zukunft der Landwirtschaft
Seit 46 Jahren erforscht die Wissenschaft im Langzeitversuch DOK die Auswirkungen der in der Schweiz üblichen landwirtschaftlichen Anbausysteme. Erstmals kommen nun diese anerkannten Forschungsresultate in die breite Öffentlichkeit. Die Aussage ist eindeutig: Zukunftsfähig ist die Biolandwirtschaft, insbesondere die biodynamische. Nur diese beiden stellen langfristig die Nachhaltigkeit unserer Böden und damit die Bodenfruchtbarkeit sicher. Ihre boden- und pflanzenschonende Bewirtschaftung erhält die für Mensch und Natur notwendige Biodiversität, die Qualität der Lebensmittel, das gesunde Gleichgewicht. Überdies schont Biolandbau die Ressourcen und produziert effizient.
In drei Punkten hebt sich das biodynamische System (Demeter) signifikant von allen andern ab: Einzig hier findet über Jahre ein steter Humusaufbau statt, die Böden sind lebendiger und die Klimawirkung ist viel geringer. Um diese Prozesse zu verstehen, sind weitere Forschungen notwendig.
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Weltweit hochgeschätzt, biodynamische Weine

Ein Gespräch zwischen Antoine Kaufmann und der Redaktion
Die Rebe ist eine sensible Pflanze und reagiert stark auf die Bodenqualität und die Art des Pflanzenschutzes. Das schmeckt man im Wein. Deshalb schätzen Winzer weltweit die biodynamische Landwirtschaft mit ihrer positiven Wirkung auf die Bodenfruchtbarkeit. Die Weine gewinnen an Geschmack und Persönlichkeit.
Sie haben 2017 den bisher konventionell geführten Betrieb hier in der Klus gekauft. Was hat Sie bewogen, ihn auf die biodynamische Bewirtschaftung umzustellen?
Ich hatte die Möglichkeit, das biologische Weingut Château Duvivier in Südfrankreich während 20 Jahren zu führen und dort Akzente zu mehr Biodiversität zu setzen. Ein praxisorientierter Einführungskurs in die biodynamische Landwirtschaft inspirierte mich, auf diesem Weingut zusammen mit dem FiBL während drei Jahren einen wissenschaftlichen Vergleichsversuch zwischen biologischer und biodynamischer Bewirtschaftung zu machen. Wir haben Bodenproben und Wein analytisch und den Wein zusätzlich sensorisch verglichen. Überraschend war für mich, dass nach diesen drei Jahren die Bodenanalysen in der biodynamischen Variante höhere Werte in den Spurenelementen Bor und Magnesium aufwiesen – vermutlich durch die biodynamischen Präparate. Die Analyse des biodynamischen Weins zeigte weniger Säure, die professionelle Blindverkostung ergab aber, dass der Wein frischer, säurebetonter war und bevorzugt wurde, ein sehr positiver Aspekt. Mit diesen Erfahrungen kam ich hier in die Klus.
Sie tauschten die sonnige Provence gegen das manchmal neblige Klus-Tal und wussten noch nicht, was mit der Umstellung auf Sie zukommt. Was sind rückblickend Ihre wichtigsten Erkenntnisse?
Die Umstellung ist ein Prozess, es braucht drei bis vier Jahre, bis die biodynamischen Impulse in Boden und Pflanzen wirksam werden und sich langsam ein neues Gleichgewicht bildet. Nur die biodynamischen Präparate zu verteilen, genügt nicht. Ebenso wichtig ist, dass man jede Parzelle kennenlernt, die Art des Bodens und des Mikroklimas sind nicht bei jeder Parzelle die gleichen. Deshalb funktionieren die Bodenpflege und das Pflanzenschutzprogramm in gewissen Parzellen einwandfrei und in andern viel weniger. Man muss jede Parzelle diesbezüglich gut kennen und aus den Erfahrungen lernen. Bei jeder neuen Parzelle, die dazukommt, beginnt man von vorne. Die Natur ist wie das Leben, oft überraschend. Man hat nie ausgelernt.
Sie haben seit 2017 Ihren Betrieb weiterentwickelt. Welche Projekte sind für Sie besonders erwähnenswert?
Vor drei Jahren haben wir in einer Parzelle Rebstöcke entfernt und Bäume in die Parzelle gepflanzt, haben also einen Vitiforst angelegt. Die Bäume sind noch am Wachsen. Die Reben gedeihen genauso gut, wie wenn keine Bäume da wären, der Ertrag der Parzelle ist durch die fehlenden Reben nur minimal kleiner. Die Wurzeln der Bäume gehen tiefer als diejenigen der Rebe. Bei grosser Trockenheit – und das ist mit der Klimaerwärmung viel häufiger der Fall – pumpen die Bäume Feuchtigkeit aus der Tiefe, und diese kommt auch den Reben zugute.
Ein grosses Anliegen ist mir die Verbesserung der Biodiversität in der Klus. Vor vier Jahren habe ich zum 100-Jahr-Jubiläum der Weinbaugenossenschaft Aesch vorgeschlagen, eine gemeinsame Aktivität zur Biodiversität zu beginnen. Alle waren einverstanden. Zusammen mit Bird Life und begleitet durch einen Projektleiter sowie mit der Unterstützung der Gemeinde und von Stiftungen stehen bereits 300 Laufmeter Trockensteinmauern. Parallel dazu haben wir Hecken angelegt und Steinhaufen aufgebaut. Diese gemeinsame Aktivität förderte auch das Bewusstsein für Bio. Als wir ankamen, war kein Quadratmeter bio. Jetzt sind es flächenmässig im Tal bereits 60 Prozent.
Zurück zu Ihrem Weingut: Was sind denn im Weinbau die grössten Unterschiede zwischen der Provence und der Klus?
Das Klima für die Reben ist hier ein ganz anderes, und eine grössere Herausforderung gibt es auch im Pflanzenschutz. Der Pilzdruck, also der falsche Mehltau, ist hier permanent viel höher. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in diesem Moment Brennnessel- und Schachtelhalmtee die Reben stärken, unterstützen, ihnen Energie bringen. Es reicht aber nicht ganz, um die Pilze abzuwehren. Man muss auch realistisch sein, in sehr feuchten Jahren ist ein erhöhter Aufwand, trotz pflanzenbasierten Tees und Infusionen, beim Pflanzenschutz in allen Anbaugebieten notwendig, sogar bei den meisten PiWi (pilzwiderstandsfähigen) Reben. Die Einhaltung der Demeter-Richtlinien ist natürlich gewährleistet.
Wenn wir das richtig verstehen, ist für biodynamische Winzer der Pilzdruck eine grosse Herausforderung.
Ja, trotz dieser Schwierigkeiten ist die Entwicklung enorm. In den letzten 15 Jahren haben weltweit sehr viele Referenzweingüter wie auch viele junge, respektvoll arbeitende Winzer auf die biologische oder biodynamische Anbaumethode umgestellt. Sie haben erkannt, dass es förderlich ist, den Boden gut zu pflegen. Er ist das Kapital, und die schonende biodynamische Bewirtschaftung kann man im Wein schmecken.
Das heisst also, dass die biodynamischen Winzer bereit sein müssen, Bestehendes zu hinterfragen. Was motiviert Sie, in schwierigen Momenten mit neuem Elan weiterzumachen?
Biodynamisch ist für mich eine Lebensgrundphilosophie – sie trägt, auch wenn es schwierig wird. Aufgeben ist keine Option. Ich kam zu Bio, weil ich während meiner Lehrzeit im Welschland und später im Ausland erlebt habe, wie viel giftige Produkte ein konventioneller Betrieb verwendet. Und dann erlebte ich die Steigerung von bio auf biodynamisch. Für mich ist biodynamisch mit Entwicklung und Qualität verbunden: Entwicklung des Betriebs, der eigenen Persönlichkeit und Offenheit gegenüber jedem Menschen.








