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Alois Hába

Vizovice (Wizowitz, Mähren), 21.6.1893 – Prag, 18.11.1973, tschechischer Komponist, Musiktheoretiker, Musikorganisator und Musikpädagoge. Geboren in einer kinderreichen, auf dem Gebiet der Volksmusik überaus aktiver Familie aus der zweiten Ehe des Schusters und Klarinettisten der Wizowitzer Dorfkapelle František Hába mit Terezie Trčková.

Die Musik seiner Heimat bezeichnete der Komponist später als eine der Quellen seiner Empfindung für Mikrointervalle, die auch auf seine außergewöhnliche Gehördisposition zurückzuführen ist. 1908-1912 besuchte er die Lehrerbildungsanstalt in Kroměříž (Kremsier, Mähren), 1912-14 war er Lehrer an einer Volkschule in Bílovice bei Uherské Hradiště. In der Kompositionslehre zuerst Dilettant,  wandte er sich bald zielbewußt der professionellen Ausbildung zu. Am Prager Konservatorium war er 1914/1915 Schüler von Vítězslav Novák in dessen Meisterklasse. Bei Novák fand er nicht nur Förderung seiner harmonischen Kühnheit, sondern auch den Impuls, die musikalische Form neu zu begreifen. 

Im Juni 1915 wurde H. zur Armee eingezogen und stand einige Monaten an der Front in Galizien und Italien. Die Kriegserlebnisse haben seine pazifistische Einstellung, aber auch sein Interesse für die Musik anderer Völker verstärkt. Danach zur Musikhistorischen Zentrale des Kriegspressequartiers in Wien versetzt, sammelte er die Soldatenlieder des slawischen Gebiets der Monarchie. Die Ergebnisse dieser seiner Tätigkeit sind jedoch verloren gegangen bzw. nicht nachweisbar. In seiner Wiener Jahren setzte H. sein Privatstudium bei Richard Stöhr (Kontrapunkt) fort. Angeregt durch einen Vortrag  von Willi von Möllendorf über die Mikrointervallen, schrieb er eine Suite für Streichorchester im Vierteltonsystem (Ms., unaufgeführt). Nach dem Krieg arbeitete H. (aufgrund einer Intervention von Franz Schreker) als Korrektor im Verlag der Universal Edition, von der er ab 1919 auch als Komponist vertreten wurde. 1918-20 war H. an der Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst Schüler Franz Schrekers, dem er 1920 an die Berliner Hochschule für Musik folgte. Die pädagogische Methode Schrekers hat H., was die Möglichkeit der individuellen Entwicklung betrifft,  mit jener von Novák verglichen. Zu H.s Studienkollegen bzw. Freunden gehörten zu jener Zeit z.B. Ernst Krenek, Wilhelm Grosz, Felix Petyrek und Hanns Eisler. In Berlin fand H. auch Unterstützung von Georg Schünemann, der für seine Experimente großen Verständnis zeigte und ihm zur Aufführung seiner ersten Mikrointervallkompositionen verhalf. Neue Inspirationen für seine Experimente gewann H. durch persönlichen Diskussionen mit Ferruccio Busoni, der die Mikrointervalle als eine Möglichkeit der weiteren Musikentwicklung sah, sie in der Praxis jedoch nicht verwendet hat. Auch die Versuche von Jörg Mager und Iwan Wyschnegradsky haben ihn ermutigt, seine Experimente fortzusetzen. 1920 schrieb H. sein 2. Streichquartett Op. 7 im Vierteltonsystem, das am 28.11.1921 von Havemann Quartett in Berlin uraufgeführt wurde, was für H.s weitere kompositorische Entwicklung entscheidend war. 1923 wurde beim Musikfest der IGNM in Salzburg vom Amar-Hindemith Quartett sein Streichquartett Nr. 3 Op. 12 im Vierteltonsystem uraufgeführt. In dieser Zeit entwickelte H. auch sein Notationssystem für die Vierteltöne, das er später noch um die Sechsteltonzeichen ergänzte. Bei Schreker absolvierte H. mit der Ouverture  Op. 5 für Orchester, mit der er zugleich Abschied vom Vermächtnis der Romantik nahm. 1923 kehrte er nach Prag zurück. 

Sein neues kompositorisches System, das die Melodik, Harmonik (Polyphonik) und Rhythmik umfaßte und auch Probleme der Form lösen mußte, entwickelte H. zuerst durch sein eigenes Studium der Möglichkeiten der Mikrointervalle auf  die Streichinstrumente, die Erfahrungen applizierte er dann auch auf andere Instrumente. 1924 stellte er ein nach seinem eigenen Entwurf von der Firma August Foerster (Georgswald/Jiříkov) gebautes erstes Vierteltonklavier in Prag öffentlich vor. In den folgenden Jahren sind auch zwei Vierteltontrompeten (Firma Haeckel, Dresden), zwei Vierteltonklarinette (Firma Kohlert, Graslitz/Kraslice), weitere Klaviere bzw. Pianinos und Viertel- bzw. Sechsteltonharmoniums (August Foerster) und 1943 eine Vierteltongitarre (in Schönbach/Luby) entstanden. Das Studium der außereuropäischen Musik, das H. bereits in Berlin ermöglicht wurde und ihn 1932 zum Kongreß der arabischen Musik in Kairo führte, hat seinen Weg zur Bereicherung des europäischen Tonsystems unterstützt. 

In den 20er Jahren begann H. seine Gedanken auch theoretisch fixieren, das Ergebnis war die 1927 erschieneneDabei nahm er Impulse der tschechischen Musiktheoretiker und Komponisten František Zdeněk Skuherský, Karel Stecker, Vítězslav Novák und Leoš Janáček auf und entwickelte sie zu seinem eigenem Personalstil weiter; sich selbst bezeichnete H. als Schöpfer der harmonisch-polyphonischen Musik im Viertelton- und Sechsteltonsystem. In den Mikrointervallen sah er vor allem eine Bereicherung der musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten. Er war bis Ende seines Lebens an den harmonischen bzw. Tonsystemen interessiert: er studierte die griechische Musiktheorie ebenso wie die ethnische Musik aller Völker, jedoch immer als spontaner Musiker, womit er einerseits mit den Akustiken und Musiktheoretikern, andererseits mit den Interpreten, aber auch Komponisten nicht immer im Einklang war. H.s Ideen wurden in den späten 20er und besonders in den 30er Jahren durch seine Hinwendung zur Anthroposophie stark beeinflußt. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch sein vertieftes Verhältnis zur musikalischen Form, die dem Komponisten volle Freiheit geben sollte, zu verstehen: H.s. so genannter Unthematismus bzw. Athematismus bedeutete für ihn eine Befreiung von den Normen der ererbten historischen Formen, nämlich der thematischen Arbeit. Sein Athematismus ist jedoch nicht als „themenlose Musik“ zu erklären. Als erstes Beispiel einer athematischen Komposition führt H. seine vier Orgelfugen auf das „Thema HABA“ (komp. 1913) an: „Jede der vier Stimmen [ist] ganz selbständig gegeneinander geführt und auch von dem Hauptthema HABA unabhängig, [deshalb] kann man sie ´unthematisch´ nennen.“(Mein Weg zur Viertelton- und Sechsteltonmusik, 1971). Als erste konsequent unthematische Komposition bezeichnete er sein Streichquartett Nr. 3 Op. 12, „in welchem kein melodischer Einfall wiederholt oder variiert wird“ (ebda.). Die umfangreichteste Arbeit, in  der H. seine kompositionstechnische Gedanken zur Geltung brachte, ist seine abendfüllende Oper Die Mutter (Matka, uraufgeführt am 17.5.1931 in München, Dirigent Hermann Scherchen) nach eigenem Libretto. Die Oper auf ein anthroposophisches Thema Dein Reich komme (Přijď království Tvé, beendet 1942), die jedoch unaufgeführt blieb, schrieb er im Sechsteltonsystem. 

Die Mikrointervallkompositionen  bilden nur einen Teil von H.s Œuvre. Der größere Teil seiner Werke ist im Halbtonsystem geschrieben. Aber auch diesen liegt überwiegend H.s  athematische Kompositionstechnik zu Grunde. Das erste Werk dieser Richtung ist seine Phantasie für Klavier und Orchester (1921). Der Ausgangspunkt war auch hier die Verbindung von harmonischem und polyphonischem  Musikdenken. Sein Bestreben, die grundlegende Komponenten der Musiksprache (Melodik, Rhythmik und die Figurationen) ins Gleichgewicht zu bringen, kann besonders in der symphonischen Phantasie Der Weg des Lebens Op. 46 nachgewiesen werden, einem Werk, das unter dem starkem Einfluß der anthroposophischen Lehre als musikalisches Bild des Menschenlebens zwischen Kosmos und Erde geschrieben wurde. H.s  Ziel war es auch, die moderne Kompositionstechnik, die vor allem durch die zweite Wiener Schule ihre größten Impulse bekommen hatte, mit den Traditionen des eigenen Landes zu verbinden, sie aber im Unterschied zu diesen auch auf die positive, lebensbejahende Themen zu orientieren. Sein soziales Denken führte ihn in den 30er Jahren zu der linksorientierten künstlerischen Avantgarde, er war auch der erste tschechische Komponist, der eine sowjetische Vorlage als Sujet für eine Oper verwendet hat: Die Oper Das neue Land (Nová země) nach dem Roman von Fiodor Gladkow ist unaufgeführt geblieben.

Haba beteiligte sich vom Anfang an an der Tätigkeit der 1922 gegründeten Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM), zuerst als Mitglied ihrer Sektion in Deutschland. Nach seiner Rückkehr nach Prag (1923) gewann er großen Einfluß auf den  Aufbau eines modernen tschechischen Musiklebens, wobei er auch mit den deutschsprachigen Prager Institutionen und Vereine ständig zusammen gearbeitet hat. Er stand dem Prager Zweig des Wiener Vereins für musikalische Privat-Aufführungen nahe, ebenso wie den Persönlichkeiten der 1920 gegründeten Deutschen Akademie für Musik und darstellende Kunst in Prag und des Neuen deutschen Theaters. Seine organisatorische Tätigkeit in verschiedenen tschechischen Vereine (Spolek pro moderní hudbu [Verein für moderne Musik], Přítomnost [Die Gegenwart]) half die Werke der europäischen Moderne in Prag aufzuführen. Besondere Bedeutung hatte H.s Anteil an der Organisation und Entwicklung der tschechoslowakischen Sektion der  IGNM. Sein Streichquartett Nr. 1 Op. 4 wurde bereits bei deren Musikfest 1922 in Salzburg aufgeführt, später gehörte H. zu den vielgespielten tschechischen Komponisten der IGNM-Festivals, 1927, 1932, 1938 und 1968 war er Mitglied von deren internationalen Jury und hatte großen Verdienst an der Veranstaltung des Internationalen Festivals in Prag 1935. H. war auch publizistisch tätig, u.a. in den tschechischen Musikzeitschriften Tempo, RytmusKlíč, in der deutschsprachigen Prager Musikzeitschrift Der Auftakt, weiters im Anbruch (Wien) und im Goetheanum (Dornach bei Basel). 

Von internationaler Bedeutung war auch die pädagogische Tätigkeit Hábas. Ab 1924 lehrte er am Prager Konservatorium, jedoch bis 1934, als er zum Professor für Mikrointervallkomposition ernannt wurde, ausschließlich aufgrund von Jahresverträgen in „freien Kursen der Vierteltonmusik“. Zu seinen Schülern gehörte eine große Anzahl von Repräsentanten der Moderne aus verschiedenen Nationen (die Tschechen Karel Ančerl, Robert Brock, Jaroslav Ježek, Miloslav Kabeláč, Miroslav Ponc, Karel Reiner, Klement Slavický; die Deutsch-Böhmen Viktor Ullmann, Sigmund Schul, Hans Walter Süsskind; die Slovenen Dragotin Cvetko, Marjan Lipovšek, Slavko Osterc, Pavel Šivic; die Serben Ljubica Marić, Milan Ristić, Dragutin Čolić; die Bulgaren Vasil Božinov und Konstantin Iljev; die Türken Necil Kazim Akses und Halil Bedi Yënetken; der Litauer Jeronymas Kačinskas; der Ukrainer Nykola Kolessa u.a.).

 In der Zeit des Nationalsozialismus als „entarteter Künstler“ bezeichnet, lebte H., ohne die Möglichkeit öffentlich aufgeführt zu werden, in Prag. Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete er sich der Erneuerung des tschechischen Musiklebens. Er war 1945-48 Direktor der Oper des 5. Mai (das Gebäude des ehemaligen Neuen deutschen Theaters, heute Staatosper Prag), an der er dramaturgisch interessante Akzente setzte, bis 1948 die Oper des 5. Mai jedoch mit dem Nationaltheater ämtlich verbunden wurde. H. war Mitbegründer und Ausschußmitlied (1946-48) des Syndikats  der tschechischen Komponisten und Vorsitzender des Verbandes für Autorenrechte (1945-50). Er setzte seine pädagogische Tätigkeit am Prager Konservatorium und an der (1946 anstatt der Meisterschule des Konservatoriums gegründeten) Akademie der musischen Künste fort, seine Abteilung für Mikrointervallmusik wurde jedoch 1950 eingestellt. 1951-53 wurde es ihm nur ermöglicht, am Prager Konservatorium als Bibliothekar und Lehrer der Musiktheorie die Zeit bis zu seiner Pensionierung zu verbringen. Sein persönlicher Stil wurde nach kommunistischen Machtübernahme 1948 als „kosmopolitisch  und formalistisch“ bezeichnet, obwohl er z.B. in seinen Lied- und Chorwerke bemüht war, deren Thesen nachzukommen; manche dieser Werke hat er später in sein Werkverzeichnis nicht eingeordnet. 

Sein umfaßt alle kompositorischen Gattungen. Trotz den Schwierigkeiten der Einstudierung fand er zahlreiche ähnlich experimentfreudige Interpreten, die zur Propagierung seines Systems, seiner Kompositionen und der modernen tschechischen Musik überhaupt beigetragen haben. Es waren dies in der Vorkriegszeit vor allem die Pianisten Erwin Schulhoff, Karel Reiner und Václav Holzknecht, der Violoncellist Váša Černý, die Violinisten Karel Hába und Frank Wiesmeyer (nach der Emigration hieß er Georg Whitman), das Tschechische Nonett, das Havemann- und Amar-Hindemith-Quartett, nach dem Krieg der Violinist Dušan Pandula und Hába- bzw. Novák- bzw. Pandula-Quartett, die Harfistin Kateřina Zlatníková, der Violinist Antonín Novák, der Klarinettist Milan Kostohryz, der Baßklarinettist Josef Horák bzw. das Ensemble Due Boemi di Praga, in der letzten Zeit das Stamitz-Quartett, die Pianisten Tomáš Víšek und Vojtěch Spurný, der Gitarrist Josef Mazan, der Organist Jan Hora, die Harfenistin  Jana Boušková usw.  

Habas Beitrag zur Entwicklung  der Kompositionstechniken im 20. Jahrhundert liegt vor allem in seinem Mut, unerprobte Wege der Komposition einzuschlagen. Seine Idee, eine universale Musiksprache zu entwickeln, erwies sich zwar als unverwirklichbar, andererseits aber haben seine Versuche, die europäische Musik durch die Mikrointervalle zu bereichern und die Traditionen der europäischen Musik als Impuls für die moderne Musik der außereuropäischen Nationen anzubieten, fruchtbare internationale Kontakte auf dem Gebiet der Musik besonders in der Zwischenkriegszeit hergestellt.

 

Kompositionen: 

(Das Œuvre umfaßt 103 Opuszahlen sowie weitere Werke ohne Opusnummern. Der Nachlaß im National Museum – Tschechisches Museum der Musik Prag ist nicht geordnet und derzeit unzugänglich)

Klavierkompositionen im Halbtonsystem:

Variationen nach einem Kanon von Robert Schumann Op. 1b (1918); Deux morceaux Op. 2 (1918);  Sonate Op. 3 (1919); Sechs Klavierstücke Op. 6 (1920); Toccata quasi una Fantasia Op. 38 (1931); Vier moderne Tänze Op. 39 (1927); Sechs Stimmungen Op. 102 (1971); 

Im Vierteltonsystem: 

Suiten Nr. 1-6, Op. 10 (1922, rev. 1932), 11 (1922, rev. 1932), 16 (1923), 22 (1924), 23 (1925), 88 (1959); Fantasien Nr. 1-11, Op. 17 (1923), 19 (1924), 20 (1924), 25 (1925), 26 (1925), 27, 28, 26, 30, 31 (alle 1926), 89 (1959); Sonate Op. 62 (1947)

Für Harmonium im Sechsteltonsystem:

Sechs Stücke für Sechsteltonharmonium Op. 37 (1928)

Für Orgel

Fantasia Op. 75a (1951), Fantasia und Fuge Op. 75b (1951)

Werke für Kammermusik:

Fantasien für Violine Solo Op. 9a und für Violine und Klavier (auch im ¼Ton System), für Viola, Violoncello, Flöte, Klarinette und Vierteltonklarinette, Baßklarinette, Saxophon, Harfe, Gitarre und Vierteltongitarre; Suite für 4 Posaunen im Vierteltonsystem Op. 72; Suite für 4 Fagotte Op. 74 (1951), Suite für Zymbal Op. 91 (1960) usw.

16 Streichquartette: Nr. 1 Op. 4 (1919); Nr. 2 Op. 7 (¼ Ton, 1920); Nr. 3 Op. 12 (¼Ton, 1922); Nr. 4 Op. 14 (¼Ton, 1922), Nr. 5 Op. 14 (1/6Ton, 1923); Nr. 6 Op. 70 (¼Ton, 1950);  Nr. 7 Op. 73 („Vánoční“ [Weihnachtsquartett], 1951); Nr. 8 Op. 76 (1951), Nr. 9 Op. 79 (1952), Nr. 10 Op. 80 (1952, 1/6Ton), Nr. 11 Op. 87 (1958, 1/6Ton), Nr. 12 Op. 90 (1960, ¼ Ton), Nr. 13 Op. 92 (1961), Nr. 14 Op. 94 (1963, ¼ Ton. Nr. 15 Op. 98 (1964), Nr. 16 Op. 98 (1967, 1/5Ton); 

Nonett Nr. 1  Op. 40 (1941), Nr. 2 Op. 41 (1932), Nr. 3 Op. 82 (1953), Nr. 4 Op. 97 (1971)

Lieder- und Chorwerke

Poesie života (Die Poesie des Lebens),12 Lieder  für Sopran und Vierteltongitarre Op. 53 (Romana Horalová, 1943); Milenci (Die Geliebten), 7 Lieder für Sopran und Klavier Op. 57 (Božena Benešová, 1944); Pět milostných písní lidových z Moravy (Fünf Liebesvolkslieder aus Mähren) für Mezzosopran für  Klavier oder  Gitarre ad libitum Op. 58 (1944); - Suita na citoslovce lidové poesie (Vokalsuite im Vierteltonsystem) für Männer-, Frauen- oder gemischte Chor Op. 13 (1922); Pět sborů (Fünf Chöre) für Kinder- oder Frauenchor im Vierteltonsystem Op. 42 (Vítězslav Nezval, 1932); Sborové dětské hry (Kinderspiele für Chor) für eine Gesangsstimme und Kinderchor Op. 43 (Vítězslav Nezval, 1932);  Pět smíšených sborů (Fünf gemischte Chöre) im Vierteltonsystem Op. 44 (Vítězslav Nezval, 1932), Říkadla (Kinderreime) für mittlere Stimme und Klavier zu  Bildern von Josef Lada Op. 48 (Josef Foltýn, 1936); Z mudrosloví národů slovanských (Von der Weisheit des slawischen Volkes) für Kinder- oder Frauenchor mit Klavier Op. 84 (František Ladislav Čelakovský, 1955).

Melodram: 

Poznámky z deníku (Tagebuch-Notizen) für Sprecher und Streichquartett Op. 101 (Texte Renata Pandulová, Alois Hába, 1970).

Bühnenwerke

Matka Op. 35 (Die Mutter) nach einem eigenem Libretto (deutsche Übersetzung Viktor Joss) Op. 35 (1927-1930), im ¼Ton System, UA München, 17.5.1931; Nová země Op. 47 (Das neue Land), Libretto Ferdinand Pujman nach dem Roman von Fjodor Gladkow (1934-1936), unaufgeführt; Přijď království Tvé Op. 50 (Dein Reich komme), Libretto Komponist und Ferdinand Pujman, 1937-1942, im 1/6Ton System, unaufgeführt.

Orchesterwerke:

Ouverture Op. 5 (1920); Symphonische Fantasie für Klavier und Orchester Op. 8 (1921); Cesta života (Der Weg des Lebens), symphonische Phantasie Op. 46 (1933); Valašská suita (Walachische Suite) für Orchester Op. 77 (1953), Violinkonzert Op. 83 (1955); Konzert für Viola und Orch. Op. 86 (1957).

                 

Schriftenauswahl:

In Buchform:

Harmonické základy čtvrttónové soustavy, Praha 1922

Von der Psychologie der musikalischen Gestaltung, Gesetzmässigkeit der Tonbewegung und Grundlagen eines neuen Musikstils, Wien 1925

tschechisch: O psychologii tvoření, pohybové zákonitosti tónové a základech nového hudebního slohu, Praha 1925

Neue Harmonielehre des diatonischen, chromatischen, Viertel-, Drittel-, Sechstel- und Zwölftel-Tonsystems, Leipzig 1927 

 
In Zeitschriften :

Die harmonische Grundlagen des Vierteltonsystems, in: Melos 3 (1921), S. 201-209

Vývoj hudební tvorby a theorie vzhledem k diatonice, chromatice a čtvrttónové soustavě, in: Listy hudební matice 1 (1921-22), S. 35-40, 51-57

Vierteltonmusik, in: Der Auftakt 2 (1922), S. 147-150, 211-214, 291-293

Smetana und die Neue Musik, in: Anbruch 6 (1924), S. 81-84

Grundlagen der Todiferenzierung und der neuen Stilmöglichkeiten in der Musik [1925], nachgedruckt in: H. H. Stuckenschmidt: Neue Musik. Zwischen den beiden Kriegen, Berlin 1951, S. 314-321

Die endgültige Lösung des Vierteltonflügels, in: Der Auftakt 6 (1926), S. 23-26

Musikgeschichte als Geisteswissenschaft, in: Der Auftakt 9 (1929), S. 1-5, 50-53

Die vier ätherischen Bilderkräfte in der Musik und in der Musikentwicklung, in: Die Drei, Monatsschrift für Anthroposophie, Dreigliederung und Goetheanismus 9 (1929), S. 288-313

Diatonický, chromatický a bichromatický zvuk v hudbě evropské, in: Klíč 1 (1930-31), s. 2-5, 49-56, 111-117

Viertelton- und Sechsteltonmusikinstrumente, in: Der Auftakt 11 (1931), S. 209-211

Kongres arabské hudby v Kahýře, in: Klíč 2 (1931-32). s. 180-186

Kongreß für arabische Musik, in: Der Auftakt 12 (1932), S. 148-151

Kursy pro hudbu čtvrttónovou a šestinotónovou, in: Výroční zopráva Konservatoře hudby v Praze 1931-32, Praha 1932, S. 15-18

Aktuelle Aufgaben der I.G.f.N.M., in: Anbruch 16 (1934), S. 68-72

Skladebné hodnoty v lidové písni. in: Jan Seidel (hg.): Národ v písni, Praha 1940, S. 9-13

Souměrnost evropského tónového systému, in: Rytmus 9 (1943-44), S. 80-83

Hudební vývoj a soudobá hudba, in: Kvart 4 (1945), s. 73-79

Čtvrttóny v libanonské hudbě, in: Hudební rozhledy 9 (1956), S. 940

Wolfgang Amadeus Mozart und die weitere Entwicklung der Musik, in: Internationale Konferenz über das Leben und Werk W. A. Mozarts 1956, Praha 1956, s. 56-60

Janáčkovo pojetí harmonie, in: L. Janáček a soudobá hudba, Brno 1958, S. 121-122

Hudební sloh Janáčkův a jeho současníků, in: L. Janáček a soudobá hudba, Brno 1958, S. 117-120

         
Literaturauswahl:

Lexika:

MGG 1956 (Eduard Herzog), Riemann Musik-Lexikon 1959, ČHS  (Československý hudební slovník osob a institucí, Bd. 1, 1963, Bohumír Štědroň), The New Grove 

 
Bücher und Sammelbände:

Helfert, Vladimír: Česká moderní hudba, Olomouc 1936, S. 155-157

Volek, Jaroslav: Novodobé harmonické systémy z hlediska vědeckého, Praha 1961, s. 210-216

Risinger, Karel: Vůdčí osobnosti české moderní hudební teorie, Praha 1963, s. 67-124

Vysloužil, Jiří: Hudobníci XX. storočia, Bratislava 1964, S. 344-352

Vysloužil, Jiří: Alois Hába. Život a dílo (Alois Hába. Leben und Werk), Praha 1974 (mit Werksverzeichnis und Bibliographie) 

Vysloužil, Jiří (hg.): Alois Hába. Sborník k životu a dílu skladatele, Vizovice 1993 (mit Werksverzeichnis)

Hesse, Horst Peter  – Thiess, Wolfgang (hg.): Gedanken zu Alois Hába, Salzburger akademische Beiträge, Reihe Wort und Musik, Anif/Salzburg 1996

Metzger, Heinz-Klaus  – Riehn, Rainer: Darmstädter-Dokumente. Musik-Konzepte. Sonderband, München 1999

Reittererová, Vlasta – Reitterer, Hubert: Musik und Politik - Musikpolitik. Die Internationale  Gesellschaft für Neue Musik im Spiegel des brieflichen  Nachlasses von Alois Hába 1931-1938. In: Miscellanea  musicologica XXXVI, Univerzita Karlova v Praze 1999, s.  129-310, (mit Bibliographie der Artikel H.s in den tschechischen Musikzeitschriften 1922-38)


Zeitschriften:

Nachtikal, František: Hábovy reformní snahy a fysikální teorie hudby, in: Hudební rozhledy 2 (1925-26). S. 46-51

Kallenbach, Lotte: Die historischen Grundlagen der Vierteltöne, in: Archiv für Musikwissenschaft 8 (1926), S. 474-485

Helfert, Vladimír: Hábova nová nauka o harmonii, in: Hudební rozhledy 3 (1926-27), S. 147-149

Sumec, Josef: Hábova nauka o harmonii, in: Hudební rozhledy 3 (1926-27), S. 146-147

Schulhoff, Ervin: Wie spielt man auf dem Vierteltonklavier?, in: Der Auftakt 6 (1926), S. 106-110

Šín, Otakar: Hábova nová nauka o harmonii, in: Hudební rozhledy 3 (1926-27), S. 125-130, 143-146

Finke, Fidelio: Hába der Harmoniker, in: Der Auftakt 7 (1927). S. 165-171

Korffner, Heinz: Před premiérou Hábovy čtvrttónové opery v Mnichově, in: Klíč 1 (1930-31), S. 145-150  

Kallenberg. Siegfried: Die erste Viertelton-Oper, in: Der Auftakt 11 (1931), S. 145-147

Bartoš, František: Čtvrttónová opera Aloise Háby, in: Tempo 10 (1930-31), S. 317-324

Černý,Váša: Čtvrttóny na violoncellu, in: Klíč 2 (1931-32), S. 162-164

Faltis, Dalibor C.: Hábovy čtvrttóny, in: Tempo 15, (1935-36), S. 88-90, 125-126

Steinhard, Erich: Alois Hábas Symphonie „Weg des Lebens“, in: Der Auftakt 15 (1935), S. 47-48

Herzog, Eduard: Hudební expresionisté a Alois Hába ve svém postoji ke společnosti, in: Rytmus 11 (1947), S. 114-116

Sychra, Antonín: Hábova Matka jako hudební drama, in: Rytmus 11 (1947), S. 77-81

Herzog, Eduard: Tři smyčcová kvarteta Aloise Háby, in: Hudební rozhledy 7 (1954), S. 88-93

Vysloužil, Jiří: Alois Hába als Kompositionslehrer, in: Sborník prací filosofické fakulty Brněnské university 14 (1965), F 9, S. 379-387

Vysloužil, Jiří: K Hábovu postavení ve vývoji české a evropské moderní hudby, in: Hudební věda 2 (1965), S. 567-584

Vysloužil, Jiří: Alois Haba, Arnold Schönberg und die tschechische Musik, in: Aspekte der neuen Musik, Kassel 1968, S. 58-67

Stephan, Rudolf: Hába und Schönberg. Die Wiener Schule und die tschechische  Musik des 20. Jahrhunderts, in: Colloquium Musica Bohemica et Europaea, Brno 1970, Brno 1972, S. 407-418

Vysloužil, Jiří: Alois Hába a jeho současníci, in: Hudební rozhledy 1973, S. 230-235

Vysloužil, Jiří: Alois Hába – muž hudebního a politického pokroku, in: Opus musicum 6 (1974), S. 2-6

Vysloužil, Jiří: Alois Hába und die Dodekaphonie, in: Schweizerische Musikzeitung, M 118 (1978), S. 95-102 (auf tschechisch in Opus musicum 10, 1978, S. 36-41)

Vysloužil, Jiří: Alois Hába, Meister der klanglichen Nuance, in: Musik und Gesellschaft 1984, S. 300-304

Vysloužil, Jiří: Alois Hába, ISCM a „pražská škola“, in: Hudební rozhledy 42 (1989), S. 184-185

Haas, Georg Friedrich: Mikrotonalitäten, in: Österreichische Musikzeitschrift 54 (1999), S. 9-15

Vysloužil, Jiří: Svoboda, struktura a forma v tvorbě Aloise Háby, in: Opus musicum 23 (1991), s. 81-84

Alois Piňos: Mikrointervaly v soudobé české hudbě, in: Opus musicum 25 (1993), S. 277-284

Benetková, Vlasta: Alois Hába a Viktor Ullmann - doteky života a díla, in:  Hudební věda 31 (1994), S. 3-24

Benetková, Vlasta: Korespondence Vítězslava Nováka Aloisu Hábovi, in: Hudební  věda 32 (1995), S. 314-321

Reittererová, Vlasta: Die Opern von Alois Hába. Ein neues Phänomen des  Musiktheaters im 20. Jahrhundert, in: Musikgeschichte  in Mittel- und Osteuropa. Mitteilungen der  internationalen Arbeitsgemeinschaft an der Technischen  Universität Chemnitz, Heft 3, Gudrun Schröder Verlag  Chemnitz 1998, S. 177 - 197 

Alois Hába, ein enfant terrible der Musikentwicklung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, war bis zum Ende seines Lebens an den Möglichkeiten Erweiterung der Musiksprache interessiert. Als spontaner Musiker, der er trotz seiner Experimente immer geblieben ist, und aufgrund der Isolierung der tschechischen Kultur in den 50er Jahre konnte er den neuen Strömungen der westlichen Musik nicht nachfolgen. Die spätere Bewertung der Musik H.s. und ihre Rezeption hat sich vor allem auf seine Experimente mit den Mikrointervallen, die als ein Irreweg angesehen wurden, konzentriert, und damit sein übriges Schaffen ignoriert. Das neue Interesse an der Musik der Zwischenkriegszeit, insbesondere jener der tschechischen Komponisten, ermöglicht es aber nunmehr, die Bedeutung H.s neu zu bewerten. Obwohl eine kontinuierliche Entwicklung und Beeinflussung der jungen Generation durch die politische Situation nach 1948 unmöglich gemacht wurde, wandten sich die Komponisten der 60er Jahre  den von H ausgegangenen Impulsen wieder zu, einschließlich seiner Mikrointervalle. Die orthodoxe horizontal-vertikale Methode H.s wurde zwar aufgegeben, Mikrointervalle als Bereicherung der Musiksprache verwenden jedoch Karel Husa, Marek Kopelent, František Emmert, Václav Kučera, Miloš Štědroň, Arnošt Parsch, Alois Piňos u.a.  Im Jahre 1995 wurde in Prag ein „Hábas-Informationszentrum“ (Hábovo informační centrum) gegründet.

Vlasta Reittererová