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100 Jahre Biodynamisch

In der Schweiz waren es Rosa und Konrad Oswald, die bereits 1930 ihren Hof in Klarsreuti im Kanton Thurgau auf biologisch-dynamische Landwirtschaft umstellten. Sie waren die ersten Bio-Bauern der Schweiz. Der Oswaldhof existiert noch heute.

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Kaffeehaus Mitte

Das Unternehmen Mitte gilt als grösstes Kaffeehaus der Schweiz – eine Oase im Stadtzentrum Basels. Seit 1999 gehen hier täglich mehr als tausend Menschen ein und aus - mit 100% Bio-Küche unter dem Motto «buono e semplice»

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Lebensmittelschutz-Initiative

Nun hat die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) der Verlängerung des Anbaumoratoriums für gentechnisch veränderte Pflanzen bis 2027 zugestimmt – inklusive neuer Gentechnik

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In Gedenken an Reto Ingold, 1961–2024

Dr. Reto Ingold, unser lieber Freund und Kollege, ist am 11. Juli 2024 verstorben. Er widmete sein Leben der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, mit der er 1982 in Verbindung gekommen war.

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Biodynamischer Grundkurs der Demeter Ausbildung

Biodynamischer Grundkurs in 12 Modulen. Start November 2024

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40 Jahre Vielfalt betrachtet und verkostet

Die gzpk (Getreidezüchtung Peter Kunz) feiert 2024 ihr 40-jähriges Bestehen. Der gemeinnützige Verein öffnete am 22. Juni seine Türen und Tore für die Jubiläumsfeier in Feldbach ZH.

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Gentech-Moratorium

Das Gentech-Moratorium in der Schweiz schützt Mensch, Tier und Umwelt vor Risiken. Ende 2025 läuft es aus. Die Gentech-Konzerne setzen Parlament und Bundesrat massiv unter Druck

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Sinne Sinnlich erfahren

IM GESPRÄCH MIT JEAN-MICHEL FLORIN

landwirtschaftliche Sektion

Jean-Michel Florin leitet zusammen mit Ueli Hurter die Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum und ist Ausbilder in Frankreich für die biodynamische Bewegung (MABD).

Sie sind sehr mit der Natur im weitesten Sinne verbunden. War das schon
immer so?


Jean-Michel Florin: Schon als Kind habe ich auf dem Land gelebt und dies auch geliebt. Mein Vater war ein Pionier der biodynamischen Landwirtschaft in Frankreich, und es war normal, sich immer in der Natur zu bewegen, mit der Natur zu arbeiten. Einmal im Frühling haben wir Löwenzahnblüten für die biodynamischen Präparate gesammelt, und mein Vater meinte, dass sei wichtiger als zur Schule zu gehen. Das hat mir gefallen – Löwenzahnblüten pflücken, statt in der Schule zu sitzen. Das hat mich natürlich stark geprägt wie auch die elementaren Erlebnisse, als ich kleiner war. So erinnere ich, wie meine Eltern mir berichteten, dass ich einen Zwerg gesehen oder eine Tollkirsche als böse Pflanze bezeichnet hätte. Als ich ein wenig größer war, bin ich jeden Sommer mit auf die Alpen gegangen und habe dort in einer Berghütte mitgearbeitet, um auch die wilden Tiere wie Gemsen, Murmeltiere und Vögel zu beobachten. Meine Liebe zur Natur, die Achtung vor ihr und die Freude, mit ihr zu arbeiten, stammt aus dieser frühen Kinder- und Jugendzeit.

War es für Sie dann ganz selbstverständlich, Landwirt zu werden?


Eigentlich wollte ich nicht Landwirt werden und bin es auch nicht wirklich geworden. Ich wollte Veterinärmedizin studieren, aber in Frankreich gehört dazu so viel Mathematik, dass mir das als unmöglich erschien. So begann ich, Landwirtschaft zu studieren, fand das Studium aber derart technik- und zweckorientiert, dass ich das nach einiger Zeit wieder aufgab und Naturschutz studierte. Das Interessante war, im Landwirtschaftsstudium zu lernen, dass die Natur zu verbessern sei, der Mensch sie meistern müsse. Im Naturschutzstudium hingegen sollte man gar nicht in die Natur eingreifen. Die Natur wurde als vollkommen und der Mensch als derjenige angesehen, der sie nur zerstört. Diese Spannung zwischen den beiden Extremen war für mich konkret der Anlass, mich wieder der Anthroposophie aktiv zuzuwenden. Es müsste doch, so dachte ich, einen Weg geben, die Natur zu bearbeiten, sie mit zu gestalten, ohne einfach über sie zu verfügen und letztlich auszunutzen. In dieser Situation wurde ich gebeten, für den Verein für biologisch-dynamische Landwirtschaft als Koordinator, Fachredakteur und auch Übersetzer tätig zu werden.
Natürlich war es schön, einen Job angeboten zu bekommen, aber ich wollte doch noch vorher sicher sein, dass die Anthroposophie, die goetheanistische Betrachtungsweise und biologisch-dynamische Landwirtschaft das Richtige für mich sind. So habe ich mir das naturwissenschaftliche Studienjahr in Dornach bei Jochen Bockemühl erbeten, als eine Art Prüfungsjahr.


Was bedeutete für Sie das Studienjahr bei Jochen Bockemühl und Georg Maier?


Am Anfang habe ich nichts kapiert und wusste nicht, was sie von uns wollten. Es machte mich ganz verrückt, dass sie keine Erklärungen gaben. Gerade Georg Maier schaute sich eine Sache einfach nur ganz lange an. So lange, bis jeder merkte, da ist etwas zu sehen – man musste quasi in die Sache «hinein schlüpfen». Jochen Bockemühl hat ein bisschen mehr erklärt, aber auch nicht gerade viel. So haben wir gelernt, phänomenologisch zu beobachten und nicht fertige Begriffe, Gesetze über die Dinge zu stülpen. Gesetze wurden aus den Fakten, aus der Beobachtung heraus entwickelt. Nachdem ich das einmal verstanden hatte, fand ich das sehr begeisternd. Es war deutlich: Es gibt einen wissenschaftlichen Weg, der zur biodynamischen Landwirtschaft führt.

Wie stellt sich für Sie der Zusammenhang zwischen der phänomenologischen Betrachtungsweise und der Sinneswelt dar?

Mit der Phänomenologie nehme ich die Sinneswelt ernst. Die Begegnung mit ihr, ist der erste Schritt der Erkenntnis, jeder Erkenntnis. Auch geistige Erlebnisse sind zuerst einmal auch ein Phänomen, genau wie die sinnlichen. Die konkrete Erfahrung als erster Schritt ist ernst zu nehmen. Sie erfordert Zeit und fordert Verlangsamung. Ich muss mich in das Phänomen vertiefen können und nicht gleich eine Erklärung zur Hand haben. Die Erklärung muss aus der Vertiefung kommen, aus dem innerlichen Nachvollziehen von dem, was ich Schritt für Schritt sinnlich erfahren habe. Die Orchidee hat eben nicht nur so schöne Blüten, damit die Insekten auf ihnen landen, denn ihre Blüten sind viel mehr als ein funktionaler Landeplatz. Doch die Biologie steckt voller technischer Erklärungen und versucht, alles auf Funktionen zu reduzieren. Das ist schrecklich.

Welche Bedeutung hat für Sie die Sinneslehre im Hinblick auf Ihre Arbeit?
Wenn man von der Sinneslehre im Zusammenhang mit dem Goetheanismus spricht, so bezieht man sich oft stark auf das Sehen. Der Sehsinn ist heute allerdings fast problematisch geworden. Im Sehen halte ich mich auf Abstand zu den Dingen, schaue gewissermaßen von oben auf sie, ordne mit dem Blick und bleibe leicht an der Oberfläche. So habe ich mich schon früh gefragt, wie man den Goetheanismus auf alle Sinne erweitern kann. Zum Beispiel beim Schmecken: Man kann Verkostungen machen und dann den Geschmack zeichnen oder malen. Das Gleiche kann man für das Riechen machen, wenn man Heilpflanzen oder ätherische Öle riecht. Das heißt, das, was man mit einem Sinn erfährt, wird verinnerlicht und dann mit einem anderen Sinn ausgedrückt und für die anderen «objektiv» sichtbar gemacht. Durch die künstlerischen Mittel können wir an die Qualität des Imaginativen herankommen und müssen nicht sofort der Vorstellung und Erklärung verfallen. Machen wir die Augen zu und nehmen mit dem Geruchs- oder Geschmackssinn die Dinge wahr, dann kommen wir ganz stark in etwas Atmosphärisches. Für die Landwirte diese atmosphärischen Wahrnehmungen zu vertiefen, ist mir ein großes Anliegen.
Der französische Philosoph und Phänomenologe Bruce Bégout (Le concept d’ambiance, 2020) zeigt, dass das Atmosphärische vor der Wahrnehmung ist. Wir werden seelisch «vorbewusst» direkt von einer Gesamtatmosphäre berührt, erst dann folgen die spezifischen Sinneswahrnehmungen, die bewusster sind. Jeder kennt das Phänomen, dass Stimmungen, Atmosphären in dem einen oder anderen Raum ganz verschieden sein können, ohne dass ich das durch die Sinneswahrnehmungen zu präzisieren vermöchte. Das ist im Grunde ein vorbewusster Zustand. Diesem versuche ich, mit den Landwirten nachzuspüren, ihn in das Bewusstsein zu heben. Und das geht bei ihnen vor allem über das Riechen. Man könnte mit Rudolf Steiner sagen, die Landwirte können leichter hellriechend werden als hellsehend. Dazu müssen sie aber ihre Wahrnehmungen ernst nehmen und ihre Sinne schulen.

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