Themen

Die Kunst des Heilens

Grundlagen zur diagnostischen und therapeutischen Arbeitsweise des anthroposophischen Arztes

von Reiner Penter

In früheren Zeiten war Rudolf Steiner zufolge die Heilkunst engstens mit den Mysterien verbunden.

Was ist jedoch konkret Heilkunst oder die Kunst des Heilens in anthroposophischem Sinne? Welche Bedingungen und Handlungsschritte sind hierfür von dem Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner und seiner ärztlichen Mitarbeiterin Ita Wegman veranlagt worden? Wie lässt sich dieses Arbeitsideal begründen?

Auf diese Fragen gibt die vorliegende Arbeit profunde Antworten.

2010, 192 Seiten, Broschur. ISBN 978-3-905919-22-6,  CHF 29 / EUR 26

Anthroposophische Medizin

Der Patient als Mensch im Zentrum der Medizin

Anthroposophische Medizin unterscheidet sich von konventioneller Medizin vor allem dadurch, dass sie nicht nur die Krankheit im Menschen sieht, sondern auch den Menschen in seiner Krankheit. Die diagnostischen Maßnahmen und die damit erhobenen Befunde können zwar identisch sein, ihre ganzheitliche Interpretation kann aber zu anderen Behandlungsempfehlungen führen oder herkömmliche Therapiemethoden durch zusätzliche Verfahren ergänzen.

Sie bezieht Gesichtspunkte mit ein, die Leben, Seele und Geist des Menschen sowohl gesetzmäßig als auch individuell prägen und körperlich wahrnehmbar sind (zum Beispiel Wachstum und Regeneration)

Anthroposophische Medizin hat ein anderes Verständnis der Rolle des Patienten. Er ist nicht nur Objekt ärztlicher Kunst, sondern gleichermaßen auch Subjekt und Partner des Arztes. Anthroposophische Ärzte stärken die Eigenverantwortung des Patienten, anerkennen seine Mündigkeit und fördern sein Recht auf Mitbestimmung bei der Auswahl der verschiedenen Therapien und Methoden.

Anthroposophische Medizin ist modern

Anthroposophische Medizin ist deshalb so zeitgemäß, weil sie den Menschen in seiner gesamten Persönlichkeit umfassend berücksichtigt. Der mündige Patient von heute will nicht nur auf seine Krankheit reduziert werden.

Dabei entwickelt sich Anthroposophische Medizin mit dem medizinischen Fortschritt permanent weiter. Sie setzt sich stets mit neuen Fragen und Trends auseinander und versucht, darauf Antworten zu finden, die dem erweiterten Verständnis von Krankheit und Gesundheit entsprechen. So wurde zum Beispiel in den vergangenen Jahrzehnten ein international anerkanntes Therapieprogramm für Suchtkranke entwickelt. Neue Diagnose- und Therapieverfahren werden übernommen und integriert.

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Anthroposophische Medizin geht überdies auch in der wissenschaftlichen Forschung neue Wege. Denn in der konventionellen naturwissenschaftlich geprägten Medizin wird die ärztliche Erfahrung durch die Methodologie der Forschung meist ausgeklammert. Der randomisierte (nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilte), Placebo-kontrollierte (mit einem Scheinmedikament vergleichende) Doppelblindversuch (bei dem Arzt und Patient nicht wissen, wer das richtige und wer das Scheinmedikament bekommt) setzt dies voraus. Dieses Vorgehen ersetzt aber das vom Dialog geprägte Arzt-Patienten-Verhältnis durch eine zu verallgemeinernde, experimentelle und anonyme Situation, wie sie im therapeutischen Alltag nicht vorkommt. Diese Situation charakterisierte der klinische Pharmakologe Georges Fülgraff so: „Es heißt, die Wirklichkeit durch Modelle zu ersetzen, die umso reduzierter sein müssen, je komplexer die Wirklichkeit ist, bis schließlich umgekehrt nur noch der Ausschnitt der Wirklichkeit wahrgenommen wird, der im Modell noch vorkommt. Ärztliche Erfahrung wird insoweit gar nicht mehr gebildet, weil sich das Handeln am Modell orientiert und nicht an der Wirklichkeit.“ Anthroposophische Wissenschaftler versuchen deshalb, zum Nachweis der Wirksamkeit von Therapien neue wissenschaftliche Methoden anzuwenden und weiter zu entwickeln, die in der Lage sind, die therapeutische Wirklichkeit mit ihren individuellen Ansätzen im Praxisalltag zu berücksichtigen.