Aus Changes machen wir Chancen für die Schweiz
Es gibt zahlreiche sinnvolle Projekte, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Sie tun doppelt gut. Denn die Lebensqualität steigt, wenn wir sie umsetzen. Die Ständeratskandidatin und Biobäuerin Maya Graf gibt Denk-und Handelsanstösse.
«Die Zeit drängt» titelte ein 1989 erschienenes Buch von Carl Friedrich von Weizäcker. Der deutsche Philosoph und Atomphysiker rief zu einer Weltversammlung der Christen für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung auf. Er machte sich grosse Sorgen um den Zustand der Erde und um die Zerstörungskraft, die der moderne Mensch entwickelt hat. Seine zentrale Aussage von damals: Die Welt gerät aus den Fugen.
Mutig voran, es geht um die Erde
Und 30 Jahre später? Dank der grossartigen, mutigen Greta Thunberg und mit der Unterstützung tausender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen auf der ganzen Welt junge (und mittlerweile auch ältere und alte) Menschen auf die Strasse. Sie klagen unsere Generation an, nicht weniger als die Zukunft der Erde aufs Spiel zu setzen. Ihr berechtigter Slogan: «Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!».
Ja. Der Klimawandel bedroht nicht nur unsere Wirtschaft und die vier Jahreszeiten, sondern auch die Lebensgrundlagen unserer Kinder. Wir brauchen dringender denn je griffige Klimaschutzmassnahmen. Das Klimaabkommen von Paris, obwohl von fast allen Staaten unterschrieben, wird nur zögerlich umgesetzt. Nicht einmal das 2-Grad-Celsius-Ziel erreichen wir – wenn es im gegenwärtigen Tempo weitergeht.
Klimaschutzpionierin Schweiz, unsere grosse Chance
Für mich ist daher klar: Handeln wir jetzt rasch und mutig, wird aus den nötigen Veränderungen eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Chance. Die Schweiz kann und muss es sich leisten, zu den Klimaschutzpionieren zu gehören. Wir haben noch etwa 10 bis 15 Jahre Zeit, um uns aus der Abhängigkeit von fossilen Energien zu befreien und den Klimakollaps zu verhindern. Es ist wahrscheinlich unsere letzte Chance, ohne Zugzwang die Weichen zu stellen für die notwendige Transformation unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft.
Wie ein menschen-und klimaverträgliches Leben aussehen könnte, führen uns viele Projekte und Ideen schon heute vor Augen: Immer mehr Menschen tun sich zusammen und entwickeln Ansätze zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe, zur Förderung von Arbeiten und Wohnen am selben Ort, zur Priorisierung des Langsamverkehrs, zum genossenschaftlichen generationenübergreifenden Zusammenleben, zum Teilen und «Upcyclen» von Konsumgütern als Gegenpol zur Konsumsucht und Wegwerfmentalität, zur Stärkung der lokalen ökologischen Lebensmittelproduktion … Solche Projekte machen Hoffnung und geben Mut. Denn sie machen den Wandel zur Chance und … sie steigern unsere Lebensqualität.
Damit die Zukunft vor, nicht hinter uns liegt
Damit solche Pionierprojekte Standard werden, müssen die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden, die Politik muss Verantwortung übernehmen. Die Menschen dürfen mit den Folgen der Klimakrise nicht allein gelassen werden. Es ist an den Politikerinnen und Politikern, nun dringend klare Gesetze zu gestalten, sich für Kostenwahrheit, Lenkungsabgaben und wo nötig auch Verbote einzusetzen.
Es liegt an ihnen, an uns, die vom Volk beschlossene Energiestrategie 2050 rasch umzusetzen und die Revision des CO2Gesetzes zur Umsetzung der Klimaziele vom Pariser Abkommen mit griffigen Massnahmen zu beschliessen. Dazu müssen die fortschrittlichen Kräfte auf allen Ebenen unseres Gemeinwesens gestärkt werden.
Dafür braucht es dringend mehr Frauen und mehr Junge in Positionen mit Macht und Einfluss. Nur mit neuen Mehrheiten, die bereit sind, mutige Entscheidungen zu treffen und das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, bringen wir die Schweiz auf den so dringend nötigen Klima- und Zukunftskurs. Die Zeit drängt.
Maya Graf
Ständerätin Grüne BL, dipl. Sozialarbeiterin HF, Biobäuerin (lebt mit ihrer Familie auf dem familieneigenen Biohof in Sissach), Mitglied der Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit SGKN, Mitglied der Geschäftsprüfungskommission GPKN und GPDel, Nationalratspräsidentin 2013