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Peter Selg, Koberwitz. Pfingsten 1924, Rudolf Steiner und der Landwirtschaftliche Kurs, Basel, Rudolf Steiner Verlag, 20192.

Erstmals wird hier der Landwirtschaftliche Kurs Rudolf Steiners im Kontext seiner Entstehung und Durchführung betrachtet. Es zeigt sich, welche Bedeutung für Rudolf Steiner die Inaugurierung einer neuen Landwirtschaft besaß und in welchem Ausmaß die Initiative zur Pfingstzeit des Jahres 1924 als Antwort auf die sich zunehmend abzeichnenden Kräfte der Zerstörung zu verstehen war.

Entwicklungsgeschichte

Wege zum Landwirtschaftlichen Kurs

Carl Graf von Keyserlingk

In den Jahren, die Rudolf Steiners Vortragszyklus über Landwirtschaft vorangingen, war er verschiedentlich mit Landwirten und deren Angelegenheiten befasst. Ihre Bekanntschaft mit den Inhalten der Anthroposophie weckte die Frage, was die anthroposophische Geistesforschung für ihre konkrete berufliche Arbeit bedeuten kann.

Ausschlaggebend aber für den Beginn einer Wirtschaftsweise auf anthroposophischer Grundlage war Carl Graf von Keyserlingk (1869-1928). Er war verantwortlich für die 7 500 ha umfassenden 18 Güter, die zu der Zuckerfabrik "Vom Rath, Schoeller und Skene" südlich von Breslau gehörten. Im Jahre 1920 zog der Graf mit seiner Familie in das schlossartige Haus des Guts Koberwitz. Daneben waren seit Beginn der 20er-Jahre Breslau und Koberwitz die Orte, an denen sich die Lebenswege einer ganzen Anzahl meist jüngerer Persönlichkeiten kreuzten. Sie waren für das Zustandekommen des Landwirtschaftlichen Kurses Rudolf Steiners beteiligt und ließen ihr Lebensarbeit konsequent durch diese Anregungen bestimmen.

Am 22. Mai 1922 versandten Immanuel Voegele (1897-1959) und Erhard Bartsch (1895-1960) einen Aufruf an interessierte Landwirte und in einem Schreiben das sie an Rudolf Steiner schickten, heißt es: "Der anthroposophischen Bewegung angehörige Landwirte haben aus der Erkenntnis der Lebensnotwendigkeit ihres Berufs und dessen, was Anthroposophie für deren Erfüllung bedeutet, den lebhaften Wunsch, zeitgemäß in geisteswissenschaftlichem Sinne auf ihrem Gebiet zu arbeiten. Der erste Schritt zur Verwirklichung dieses Zieles wäre wohl getan, wenn Sie, hoch verehrter Herr Dr. Steiner, in einem Kurs oder einer Reihe von Vorträgen die für die Behandlung landwirtschaftlicher Fragen erforderlichen allgemeinen geisteswissenschaftlichen Grundlagen und spezielle Hinweise geben würden." Der Kurs wurde anschliessend von einem Kreis von Menschen vorbereitet. Graf Keyserlingk fasste die Bestrebungen menschlich und sachlich zusammen und legte sie Rudolf Steiner vor.

Günther Wachsmuth

Ein zweiter Weg der zum Landwirtschaftlichen Kurs hinführte wurde vom Goetheanum aus durch Ehrenfried Pfeiffer (1899-1961) und Günther Wachsmuth (1893-1963) beschritten. In den Jahren 1922/23 traten verschiedene Landwirte an Steiner heran und fragten um Rat, da sie die zunehmende Degeneration des Saatguts und mancher Kulturpflanzen beobachteten. In diesem Zusammenhang war damals das Interesse Pfeiffers und Wachsmuths vor allem auf die ätherischen Bildekräfte gerichtet.