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»Die größte göttliche Offenbarung ist der sich entwickelnde Mensch. Lernt man diesen sich entwickelnden Menschen nicht bloß äußerlich anatomisch-physiologisch kennen, lernt man erkennen, wie in den Körper Seele und Geist hineinschießen, hineinströmen, dann verwandelt sich jede Menschenerkenntnis in Religion, in fromme, scheue Ehrfurcht vor demjenigen, was aus den göttlichen Tiefen in die weltlichen Oberflächen hineinströmt.«

[Rudolf Steiner, »Gegenwärtiges Geistesleben und Erziehung«, GA 307, Aufl. 1986, Siebenter Vortrag, Ilkley, 11. August 1923, S. 135]

Zur Verlebendigung des Denkens

Des Menschen Denken in Bewegung bringen

Dieser Vortrag Rudolf Steiners aus dem Jahr 1909 stellt Übungen zur Verlebendigung des Denkens vor:

Es muß die Frucht der geisteswissenschaftlichen Bewegung sein, daß sie wirklich Praktiker ins Leben stellt. Es ist nicht so wichtig, daß der Mensch dieses oder jenes für wahr halten kann, sondern daß er es dahin bringe, die Dinge richtig zu überschauen. Viel wichtiger ist die Art und Weise, wie Anthroposophie eindringt in unsere Seele und uns anleitet zur Tätigkeit unserer Seele und unseren Blick erweitert, als daß wir bloß über die sinnlichen Dinge hinaus- und ins Geistige hineintheoretisieren. Darin ist die Anthroposophie etwas wahrhaft praktisches.

Das ist eine wichtige Mission der anthroposophischen Bewegung, daß durch sie des Menschen Denken in Bewegung gebracht wird, so geschult wird, daß er denkt, daß der Geist hinter den Dingen steht. Wenn die anthroposophische Bewegung diese Gesinnung entfacht, dann wird sie eine Kultur begründen, aus der nie ein solches Denken hervorgehen wird, daß die Leute von innen den Wagen anschieben wollen. Das fließt ganz von selbst in die Seele hinein. Wenn die Seele gelernt hat, über die großen Tatsachen des Lebens zu denken, dann denkt sie auch über den Suppenlöffel richtig. Und nicht nur in Bezug auf das, was den Suppenlöffel betrifft, werden die Menschen praktischer werden, sie werden auch lernen, einen Nagel praktischer einzuschlagen, ein Bild praktischer aufzuhängen, als sie das sonst getan hätten. Das ist von großer Bedeutung, daß wir das seelisch-geistige Leben als ein Ganzes betrachten lernen und daß wir durch solche Anschauung alles praktischer und praktischer gestalten lernen.

Rudolf Steiner, Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie', GA 108, 1986, Dornach, S. 274f.