Entwicklungsstufen
In der Entwicklung vom Kleinkind zum Erwachsenen gibt es verschiedene Entwicklungsstufen und dadurch bedingte Veränderungen.
Je nach Altersstufe braucht das Kind von Eltern und Erziehern unterschiedliche Anregungen und Hilfestellungen.
Die Rudolf Steiner Schule begleitet die Kinder auf ihrem Weg vom Kleinkind zum Jugendlichen, zum Erwachsenen. Sie berücksichtigt, dass es innerhalb dieser Entwicklungsstufen wichtig ist, dass jeder Schüler, jede Schülerin diesen Weg ganz individuell gehen kann. Der Schulstoff ist auf diese Entwicklungsstufen abgestimmt.
Kindheit voller Erzählungen
Erzählungen legen die Basis für die Schulfächer. Im ersten und zweiten Schuljahr begleiten Märchen, Fabeln und Legenden die nachdämmernde Kleinkindzeit. Das alte Testament und nordische Mythologie spiegeln den Entwicklungsschritt in der dritten, vierten Klasse. In der «Mitte der Kindheit», in der fünften Klasse, erleben viele Kinder ein sehr ausgewogenes Verhältnis von Körper, Seele und Geist. Jetzt steht die griechische Mythologie auf dem Lehrplan.
Dramatischer Umbruch vor der Pubertät
Dieser Schritt ist in der sechsten, siebten Klasse von einem dramatischen Umbruch gefolgt. Die Kindheit verdämmert endgültig. Ein neues Interesse am Menschen erwacht und die Fähigkeit, abstrakt zu denken. Jetzt interessieren Erfinder- und Entdeckerbiografien.
«Die Fragen im Unterricht sind jetzt oft auch kritischer Natur», berichtet Peter Aeschlimann, Siebtklasslehrer in Biel: «‹War Giordano Bruno nicht blöd, dass er sich für seine Überzeugung verbrennen liess?› – ‹Ist es eigentlich sicher, dass die Sonne stillsteht? Wie soll man das beweisen?› – Vordergründig haben solche Äusserungen oft eine rational-realistische Tendenz, aber hinter ihnen stecken verborgen tiefe philosophische Fragen nach dem Sinn des Lebens oder nach den Grenzen der Erkenntnis.»
Die Kinder beginnen zu fragen, was hinter den Welterscheinungen steckt, welche Ideen, welche Kräfte in der Geschichte, unter den Menschen wirksam sind und wie einzelne Episoden, von denen sie gehört, die sie gelernt haben, miteinander zusammenhängen.
Verwirrendes Denken, objektive Tatsachen
Vor der Pubertät ist es wichtig, das neu erwachte, teils noch verwirrende Denken auf objektive Tatsachen zu lenken und immer wieder das Gleiche zu üben: Beobachtetes konkret zu schildern, objektiv wiederzugeben und logische Kausalität darin zu entdecken. Das hilft den jungen Menschen, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen, sie zu klären und aussprechbar zu machen. Entdecken sie Ordnung in der Geometrie, der Physik, der Welt, dann gewinnen sie neues Vertrauen, nicht zuletzt zu sich selbst. So können sie kraftvoll in das Abenteuer Pubertät aufbrechen.
Jörg Undeutsch