Themen

Geschichte der anthroposophischen Heilpädagogik und Sozialtherapie

 

Entwicklungslinien und Aufgabenfelder 1920–1980

Frielingsdorf, Volker | Grimm, Rüdiger | Kaldenberg, Brigitte    

Die Geschichte der Heilpädagogik und Sozial-therapie ist nicht nur ein Weg, aus dem geisteswissenschaftlichen Menschenbild der Anthroposophie eine ganzheitliche Methode der Begleitung und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu entwickeln. Sie ist auch Teil der Fachgeschichte in ihrem schwierigen Weg des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus eine Initiativbewegung, an welcher sich auch die Entwicklung der Anthroposophie in ihrer wechselvollen Geschichte zum Ausdruck bringt.

Reihe: Edition Anthropos

Titelnummer: 1478
ISBN: 978-3-7235-1478-8

Zur Integration von Menschen mit Behinderung

Individualisierung und Integration

 

Sie sind die Leitprinzipien der gegenwärten Arbeit im Feld mit Menschen mit Behinderungen.

Jeder Mensch hat seine eigenen Bedürfnisse: leiblich, seelisch und geistig. Aufgrund seiner Behinderung dürfen ihm weder seine individuellen Entwicklungsmöglichkeiten vorenthalten werden, noch die Aufnahme in die Gemeinschaft mit anderen oder die Bürgerrechte innerhalb seiner Gesellschaft.

Wie Individualisierung und Integration im einzelnen Fall erfüllt werden können, dafür gibt es Leitlinien und allgemeine Gesichtspunkte, aber keine uniformen Lösungen. Integration kann in pluralen Gesellschaftsformen immer nur bedeuten, dass jeder einzelne für sich entscheiden kann, was Integration für ihn bedeutet.

Keinesfalls dürfen Einrichtungen und besondere Angebote für Menschen mit Behinderungen als Integrationsorte für Menschen in besonderen Lebenslagen ausgeschlossen oder herabgewürdigt werden. Allerdings müssen sich Einrichtungen selbst im Hinblick auf Individualisierung und Integration weiterentwickeln, um ihre Brückenfunktion zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft noch besser zu erfüllen.

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Integration betrifft das Verhältnis des einzelnen Menschen zur Gemeinschaft und Gesellschaft. Ein Mensch fühlt sich integriert, wenn zwischen ihm und seiner Lebenswelt eine Beziehung von Achtung und Wertschätzung, des Austauschs und Einbezugs, der Mitwirkung und gegenseitigen Unterstützung besteht.

Integration ist allerdings kein statisches Moment, denn das Leben im Sozialen ist vielschichtig: Generell gilt für alle Menschen, dass niemand in allen Lebensbereichen integriert ist. Nicht überall passt man hinein, nicht überall wird man aufgenommen und nicht überall will man dabei sein. Die biographische Auseinandersetzung um Teilhabe am Leben in Gemeinschaft und Gesellschaft kann individuell ganz unterschiedliche Formen und Prozesse bewirken.

Integration ist zum anderen das Ziel der Gemeinschaft und Gesellschaft, jedem ihrer Mitglieder einen Platz in ihrer Mitte zu geben, dafür zu sorgen, dass niemand an den Rand gedrängt wird. Die gesellschaftlichen Initiativkräfte von Einzelnen und Gruppen von Menschen lassen dieses Ziel in konkreten Lebenssituationen Wirklichkeit werden. Legislative und administrative Prozesse begleiten dieses Ziel, indem sie individuelle und soziale Gestaltungsräume erweitern und sichern helfen.

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» Dieses Arbeitspapier wurde von der Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie, einem Arbeitsbereich der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum in Dornach / Schweiz verabschiedet.

Die Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie repräsentiert die auf anthroposophischer Grundlage arbeitenden Einrichtungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen in 40 Ländern.