
«Nützlinge helfen, Schädlinge wie Läuse natürlich zu dezimieren.»
Biologische Anbausysteme fördern sowohl die oberirdische Vielfalt (Begleitkräuter) als auch die Vielfalt von Bodentieren und Mikroorganismen im Boden.
Dio Biodiversität ist höher

Dr. Hans-Martin Krause, Dr. Paul Mäder, Dr. Andreas Fliessbach, alle FiBL
Zusammen mit der Anpassung an den Klimawandel, der Regulierung der Nährstoffkreisläufe und der Sicherung der Ernährung ist der Verlust der biologischen Vielfalt eines der drängendsten Themen für den Agrarsektor. Die Landwirtschaft ist der Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts, Hauptfaktoren sind die Ausdehnung der Nutzflächen, der damit verbundene Verlust natürlicher Lebensräume und die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion durch Pflanzenschutz und Düngung.
Bei der Messung der Biodiversität konzentrierten wir uns im DOK-Versuch auf Arten, deren Mobilitätsradius die Parzellengrösse nicht wesentlich überschreitet. Demnach ist die Aussagekraft auf Kleinstlebewesen und Bodentiere oder Insekten begrenzt, die einen Lebensabschnitt im oder am Boden verbringen.
Aufgrund des Herbizidverzichts sind die Pflanzenvielfalt und auch der Samenvorrat der Begleitkräuter in den biologischen Systemen deutlich höher als in den konventionellen Systemen. Dies geht allerdings mit einem höheren Unkrautdruck in den biologischen Systemen einher. Aber auch die Ackerbegleitflora bietet wertvolle Funktionen, und vor allem Blütenpflanzen tragen in biologischen Systemen positiv zur Biodiversität der Fauna bei.
Spinnen und Insekten wie Laufkäfer und Kurzflügler sind in den biologischen Systemen etwa doppelt so häufig wie in den konventionellen Systemen. Nebst dem Verzicht auf Insektizide wirken sich auch ein lockerer Pflanzenbestand mit mehr Licht und die Restverunkrautung in den biologischen Systemen positiv auf diese räuberischen Arten aus. Diese Nützlinge helfen, Schädlinge wie Läuse, zum Beispiel auf Weizen, auf natürliche Art zu dezimieren.
Völlig neues Habitat* innerhalb des Bodens
Aber auch innerhalb des Bodens eröffnet sich ein völlig neues Habitat, in dem verschiedenste Arten in ausserordentlicher Vielfalt zu finden sind. Schon eine frühe Studie aus dem DOK zeigt auf, dass sowohl die Menge als auch die Artenvielfalt der Regenwürmer in den biologischen Systemen deutlich höher ist.
Diese lockern den Boden, erleichtern durch ihre Gänge das Einsickern von Regenwasser, beugen dadurch der Erosion vor und mischen Ernterückstände und Mist durch ihre Fresstätigkeit in den Boden ein. Zurück bleiben die Regenwurmhäufchen, die bei Niederschlag gut zusammenhalten und sehr nährstoffreich sind. Regenwürmer dezimieren aber auch Sporen von Schadpilzen und tragen dadurch zur Gesundung des Bodens bei. Im Fachjargon werden Regenwürmer wegen ihrer zahlreichen Funktionen auch als «Ecological Engineers» bezeichnet.

Bedeutsame Mykorrhizapilze
Auch die Dynamik der Gemeinschaftsstruktur der Bodenmikroorganismen ist sehr eng mit derjenigen von Pflanzen und Bodentieren verbunden; für jedes System im DOK-Versuch konnte ein unterschiedliches Mikrobiom nachgewiesen werden. Das Zusammenspiel der immensen Zahl von Organismen sichert die zahlreichen Funktionen, die sie im Boden wahrnehmen, wie die Rezyklierung von Nährstoffen und die Pufferung gegenüber Einflüssen von Trockenheit und Nässe.
Unter dem Mikrobiom versteht man das Erbgut (DNA) aller im Boden vorkommenden Bakterien und Pilze. Dabei werden die Bakterien stärker durch die Düngeintensit.t, die Pilze mehr durch die Systemunterschiede beeinflusst. Gerade bei den Pilzen gibt es Arten, die Symbiosen mit Nutzpflanzen eingehen können und so positiv auf die Nährstoffaufnahme und Pflanzengesundheit wirken. Die sogenannten Mykorrhizapilze wurden vermehrt und in höherer Vielfalt in den biologischen Systemen gefunden. Dies kann auf den reduzierten Einsatz von Fungiziden und Düngern zurückgeführt werden. Die Nutzpflanzen profitieren von den Mykorrhizapilzen, denn sie erschliessen ihnen durch ihr weitverzweigtes Hyphennetz (Pilzfäden) schwer verfügbare Nährstoffe wie zum Beispiel Phosphor im Boden.
Neueste Untersuchungen im DOK-Versuch zeigen auf, dass die Mikroorganismen in den Biosystemen besser vernetzt sind. Während sie bei konventioneller Bewirtschaftung darauf spezialisiert sind, Protein aufzubauen, haben sie in den Systemen mit Mist und Gülle ein grösseres Potenzial, komplexe Kohlenstoffverbindungen abzubauen. Schlussfolgernd zeigen die Arbeiten im DOK-Versuch, dass eine erhöhte Bodenbiodiversität in biologischen Systemen die Bodenfunktionen unterstützt und so die negativen Umweltwirkungen landwirtschaftlicher Praxis abmildern kann.
* Ein Habitat bezeichnet in der Biologie einen durch spezifische abiotische und biotische Faktoren bestimmten Lebensraum, der sich auf eine bestimmte Tier- oder Pflanzenart oder Gruppen von Arten bezieht.
Quellenangaben
Quelle Graphik Biodiversität: Bioanbau im Vergleich, Faktenblatt FiBL, 2024.
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